Lieber Kollege Quin,
liebe KollegInnen !

Sie sind auch ein Meister des Vereinfachens und des Abstempelns. Natürlich mag es so aussehen, als wäre ich ein unnachsichtiger Gegner der fcg, aber dabei übersehen Sie, dass es dafür viele gute Gründe gibt, die sich gar nicht in einem Posting aufzählen lassen.

Denken Sie nur daran, wie ziemlich genau vor einem Jahr die fcg-Mehrheit in der göd die Vorarlberger Kollegen im Stich gelassen hat, mit der folgerichtigen Konsequenz, dass daraufhin die UBG gegründet worden ist. Sie übersehen, welches Kasperltheater Koll. Jantshitsch mit uns aufgeführt hat, als er einen Lehrerstreik in Aussicht gestellt hat, um es dann doch nicht dazu kommen zu lassen. Das sind gravierende Glaubwürdigkeitsdefizite.

Wenn man eine Einheitsgewerkschaft will, dann kann es nicht sein, dass eine Mehrheitsfraktion sagt "Wir sind die Mehrheit, und nur das, was wir wollen, kann und darf geschehen." Wenn sich die Nicht-fcg-Mitglieder in der göd nicht mehr wiedererkennen können, dann bleibt konsequenter- weise nur der Austritt! Nun sagen Sie und ihre Fraktion immer wieder, dass Austritte "die Gewerkschaftsbewegung" im Öffentlichen Dienst schwächen würden. - Versetzen Sie sich bitte in unsere Lage: Wir können uns mit dieser brutalen fcg-Politik nicht abfinden, daher gibt es nur eines: die Suche nach einem Ausweg.

Die Idee der Richtungsgewerkschaften passt momentan noch nicht in ein Konzept der gesamten ÖGB. Daher steht die Umsetzung vorläufig noch nicht auf der Tagesordnung. Aber in der Zwischenzeit passiert aber trotzdem etwas. Nicht nur in mir, sondern sehr viele Kollegen, und das weiss ich aus sehr vielen Gesprächen, haben einen einzigen
Eindruck: Dass wir Lehrer von allen Seiten verraten und verkauft werden. Für die Regierung ist der Schulbereich eine einzige Abbruchzone, von der GÖD werden unsere Anliegen nicht entsprechend registriert und umgesetzt, vor allem wegen des kuscheligen Verhältnisses fcg-övp.

Richtungsgewerkschaften wären deshalb eine richtige Antwort, weil die Regierung ohnehin bereits jegliches sozialpartnerschaftliche Ritual über Bord geworfen hat. Zweitens führen Richtungsgewerkschaften zu mehr Konkurrenz und um mehr Bemühen um die Anliegen der Kollegenschaft. Wer sich auf einem Wahlergebnis 5 Jahre lang bequem ausruhen kann, der hat keinen Grund für irgendwelche Anstrengungen. Der betreibt dann lieber als Beschwichtigungshofrat die Geschäfte der Regierung. ("Wir haben ohnehin noch Schlimmeres verhindert") Und drittens führen Richtungsgewerkschaften zu einem Mehr an Beteiligung der Kollegenschaft an gewerkschaftlichen Fragen, es muss ständig Überzeugungsarbeit geleistet werden, jede Fraktion steht unter dem Zwang besser zu sein, weil andernfalls eine Abwanderung zu einer aktiveren Gruppe anzunehmen ist.

Ich ergänze aber meine Vorstellungen, indem ich behaupte, dass die Richtungsgewerkschaften allein es auch nicht bringen würden, wenn nicht zugleich auch über alle Fragen, über die zwischen den Fraktionen unter- schiedliche Meinungen bestehen - oder auch auf Initiative einer festzulegenden Anzahl von Betroffenen - zu jedem Thema auch ein Referendum durchgeführt werden kann. Die Funktionäre bekämen dann auch ein imperatives Mandat.

Wer daher für eine wirkungsvolle und nachhaltige Gewerkschaftspolitik eintritt, der muss daher logischerweise auch für Richtungsgewerkschaften und für Referenden sein. Das ist meine Position.

Zum Umgangston und zur Sprache: Ich sehe schon ein, dass sich niemand gerne Versager nennen lassen möchte, ich möchte sogar viel lieber gerade Ihnen positiv unterstellen wollen, dass Sie ein ehrliches Interesse an einer Verbesserung der gewerkschaftlichen Arbeit haben könnten. Aber dazu sollten Sie zu einem Tabubruch bereit sein, Sie sollten nämlich Gesprächs- bereitschaft signalisieren und ernsthaft bekunden über Struktur und Aufbau der göd. Mit dem Willen zur Veränderung, wann immer sich durch diese mehr für die Kollegenschaft herausholen lässt.

Führen wir diese Debatte - mit allen, die sich dazu einbringen wollen, und dann werden wir sehen, wem die Argumente fehlen.

Mit kollegialen Grüßen
Günter Wittek



----- Original Message -----
From: Eckehard Quin
To: Lehrerforum
Sent: Sunday, May 26, 2002 9:21 AM
Subject: LF: Re: Ende der GÖD durch Adam, Muth & Quin

Lieber Kollege Wittek!

In dem von mir im letzten Posting erwähnten Buch von Hubert Schleichert heißt es auf Seite 54:

"Wer sich verteidigt, hat sich nolens volens von seinem Gegner dessen Argumentation aufzwingen lassen. Was aber kann der Angegriffene tun, außer sich zu verteidigen? Konkrete Behauptungen lassen sich eventuell widerlegen, aber nebulös gehaltene Vorwürfe [...] lassen sich nie endgültig widerlegen."

Mir fehlen in Ihren Ausführungen die Sachargumente, die ich widerlegen könnte. Sie sind ein Gegner der FCG und der GÖD in ihrer jetzigen Form. Das ist Ihr gutes Recht. Was mir aber eine Diskussion mit Ihnen unmöglich macht, ist die radikale, undifferenzierte, pauschal verurteilende Sprache.

Mit kollegialen Grüßen

Eckehard Quin





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