S.g. Frau Kranz

ich habe einen teil dieser diskussion nicht mitverfolgt (was hoffentlich entschuldigt, dass ich vielleicht schon gesagtes noch einmal sage), möchte aber zu den unten genannten punkten kurz stellung nehmen. (übrigens auch in unkenntnis der genaueren umstände, unter denen z.b. ihre tochter englisch gelernt hat - oder eben nicht)

zum thema die schülerInnen können nach acht jahren nicht sprechen:

laut lehrplan wird uns aufgetragen, dass wir die schülerInnen zur mündlichen kommunikation ausbilden sollen. an der uni lernt man auch die entsprechende methodik (wenn man mit etwas glück dort gut unterrichtet wird). es wird nur ganz gern vergessen, dass diese methodik und die entsprechenden methoden (pairwork, groupwork, und wie sie alle so schön heißen) UNTER ANDEREN UMSTÄNDEN ENTWICKELT WURDEN, ALS SIE ANGEWENDET WERDEN. sprich: entwickelt (und zum teil an der uni unterrichtet!) wird sie in relativ kleinen gruppen, die oft genug aus erwachsenen bestehen, die wiederum für ihre englischkurse zahlen (und daher drauf schauen, dass sie das meiste aus dem unterricht herausholen). da ist sicher nett pairwork und groupwork zu machen. (ich habe selbst einen entsprechenden lehrgang einer englischen institution im rahmen einer privaten ausbildung absolviert. es war super. ich hatte acht erwachsene in der klasse. arbeiten wie am schnürchen.) steht man dann aber in einer klasse mit auch nur 25 jugendlichen (ab 26 kann, ab 29 muss die klasse meines wissens nach geteilt werden), die eben großteils NICHT drauf schauen, dass sie das meiste aus ihrem unterricht herausholen, dann wird man in den meisten fällen feststellen, dass man sich mit pairwork und groupwork brausen gehen kann (nämlich im lärm. vom lernertrag gar nicht zu reden). natürlich ist das ein etwas übertrieben düsteres bild, und ich will damit mangelndes bemühen sicherlich nicht entschuldigen.

mit anderen worten: die methodik (soweit ich sie kenne) richtet sich nicht nach den faktischen gegebenheiten der zielgruppe. ich will hier auch diese faktischen gegebenheiten nicht kritisieren, sondern nur konstatieren: es ist klar, dass jugendliche, die in die schule gehen müssen, anders motiviert und diszipliniert sind als erwachsene, die (zum teil!) gelernt haben, dass lernen dürfen ein (oft und immer öfter teures) privileg ist.

weiters muss man grundsätzlich bedenken, dass schülerInnen (wie übrigens
allen!) das reden unterschiedlich schwer oder leicht fällt, und zwar in allen gegenständen. wer kennt sie nicht, die "plappermäuler", die zu allem was zu sagen haben und andrerseits die, von denen man ein ganzes jahr nichts hört. das äußert sich in anderen gegenständen maximal in der mitarbeitsnote, in einer fremdsprache aber in der erfüllung des lernzieles (nämlich: kommunikation). und es bedarf von seiten der lehrerIn einiger geduld und einiges an einfühlungsvermögen, die schweigsamen zum reden zu bringen (und nicht zu zwingen). man muss den plappermäulern rücksicht beibringen und den schweigsamen viel zeit geben und die angst vor fehlern nehmen. dass das in klassen mit 25 jugendlichen nicht ganz einfach ist, hat weder die methodik noch der lehrplan berücksichtigt.

was uns auch gleich zum umgang mit fehlern bringt: in dem moment, wo schüler für ihre fehler herabgewürdigt werden (und das werden sie unter anderem ganz generell durch die gängige leistungsbeurteilung), werden es sich die meisten zweimal überlegen, den mund aufzumachen. wundert das bitte irgendwen? mich nicht. diese herabwürdigung findet nicht selten sehr subtil statt, und sei es nur, dass man ihn/sie ständig beim reden unterbricht, wenn ein fehler passiert. nicht zu reden von expliziten aussagen, die sie oft genug einstecken müssen.

auch nicht sehr tröstlich, fürchte ich

mfg
sl



-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: owner-lehrerforum@ccc.at [mailto:owner-lehrerforum@ccc.at]Im
Auftrag von Daniela Kranz
Gesendet: Sonntag, 26. Mai 2002 20:42
An: erich.wallner@aon.at
Cc: isi@net4you.at; lehrerforum@ccc.at
Betreff: Re: LF: noch ein Einspruch


erich.wallner@aon.at schreibt:
>Anstatt zuerst das Ziel zu definieren ("Was soll ein
>Schüler nach acht Jahren Englisch eigentlich können?")

jedenfalls können generationen von schülerInnen nach acht jahren englisch nicht englisch SPRECHEN!

> Tatsächlich macht er
>aber nach wie vor elementare technische Fehler.

... und zwar, weil sie sich genau davor fürchten: beim sprechen technische fehler zu machen. das hat viele für immer verstummen lassen. ich kenne jedenfalls heerscharen von menschen, die es rückblickend genaus so sehen wie ich, es ganau so erlebt haben. kein trost ist es, das phänomen auch bei meinen kindern beobachten zu können. meine älteste tochter hat sich die geringe sprachkompetenz, die sie nach 8 jahren englischunterricht hat, jedenfalls nicht in der schule angeeignet, sondern autodidakt.


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