Liebe Kollegin Kranz!

1. Schwächere Schüler benötigen sicher vieles, aber in erster Linie brauchen sie eine positive Note bei der nächsten Schularbeit.
Ich fürchte, ich lande schon wieder in einer semantischen Diskussion (nach
der "Polarisierung"), wenn ich darauf verweise, daß der Duden "Drill" definiert mit "mechanisches Einüben von Fertigkeiten beim Militär", und "mechanisches Einüben" ist z.B. typischerweise die Art, wie man Klavierspielen lernt - oder Schalten beim Autofahren, oder Geräteturnen, Stricken oder tausend andere Dinge des täglichen Lebens. - Wenn ich eine Eiskunstläuferin im Fernsehen erblicke, dann assoziiere ich die eigentlich nicht gleich mit Militär, obwohl die ihre Sprünge tausende Male mechanisch eingeübt hat.
Mechanisches Einüben ist aber nun für minderbegabte Schüler oft der einzige
Weg, etwas zu begreifen. Man kann die past tense und die present perfect
tense als Konzepte unterrichten, und simple und progressive als Aspekte,
aber bei vielen 11- oder 12-jährigen sind das böhmische Dörfer. Da heißt es
dann halt, bei "ago" steht die past tense, bei "since" die present perfect
tense und bei "while" die progressive form - obwohl das zumindestens in den
letzteren beiden Fällen oft gar nicht stimmt.
Oder: Sie führen die past tense ein und wollen erklären, warum es heißt "I
wanted to see him" und nicht "I wanted to saw him". Die Schüler erklären mir
dann immer, die Schwester oder sonstwer hätten gesagt, nach "to" müsse die
Gegenwart stehen. (Das ist Mechanik pur und stimmt auch gar nicht, weil es
nicht die Gegenwart, sondern die Nennform ist - egal.)
Meine angebotene (analytische) Erklärung, es mit der Übersetzung ins Deutsche zu probieren ("Ich wollte ihn sehen", nicht "Ich wollte ihn sah") ist ihnen offenbar schon zu hochgestochen. (Ich bevorzuge diese Erklärung -
in dem Bewußtsein, daß der Rekurs auf die Muttersprache bei manchen
Sprachpädagogen Anathema ist - weil sie auch die Nennformen ohne "to"
inkludiert, also "I couldn't see him" und nicht "I couldn't saw him".)

Ich bezweifle, daß die Lernfreude bei der eigenen Schwester höher ist als
beim Lehrer - nach Elternberichten wird unter Geschwistern in erster Linie
gestritten, wenn es um Lernhilfe geht (die ja meistens von den Eltern angeordnet wird und daher beiderseits entsprechend unpopulär ist) - mir scheint, die SchülerInnen suchen nur die mechanischste = allerprimitivste Erklärung.

Alle MitleserInnen, die auch bei "Drill" die Haare aufstellen, fordere ich
heraus: Nennen Sie mir eine bessere Methode, bei den von mir genannten
Beispielen (und die sind alles andere als konstruiert!) einen schwachen
Schüler zu richtigen Lösungen zu führen.

2. Es gibt auch Häftlinge, die stolz auf ihr "Schmalz" sind und das auch noch durch Tätowierungen bekräftigen. (Bei E. Spira treten immer wieder solche Typen auf.) Heißt das jetzt, daß Gefängnis als Sanktion untauglich ist?

MfG
Erich Wallner


Daniela Kranz wrote:

> erich.wallner@aon.at schreibt:
>
>>"Drill alleine" habe ich nie behauptet. Mein Ziel ist es immer, daß auch >>der schwächere >>Schüler nicht durchfällt, und da geht es ohne Drill nicht. >> > > schwächere schülerInnen benötigen vieles. > hilfe zur selbsthilfe (lernhilfen), lernstrategien und vor allem - > motivierende arbeitsmethoden. > > würde ich meine schwachen schülerInnen zu "drillen" versuchen, würden sie > mir ganz aussteigen, weil ich ihnen den letzten rest an lernfreude und > lernbereitschaft (!) rauben würde. > > lebenslange lerner werden gedrillte kinder und jugendliche in der regel > auch nicht. die freude am lernen kann man ihnen u.a. mit drill so richtig > verderben. > > der begriff "drill" passt für mich allenfalls in eine kaserne. und > kasernen sind unsere schulen ja nicht, oder? > >>3. Wenn ich ein paar Jahre hindurch Maturen ablieferte, wo mir jedesmal >>eine Menge Noten >> > > >>heruntergesetzt werden, oder wenn ich ganz gegen den Trend als Anglist >>keine Maturanten >> > > >>mehr hätte, weil alle Kandidaten zu Französisch oder Italienisch >>abwandern, dann würde ich >> > > >>zumindestens im Lehrkörper zum Außenseiter und von den Schülern verachtet
>>- und dieser
>>
>
>
>>soziale Druck ist für viele eine größere Strafe als eine Geldbuße oder >>sonstwas. >> > > das finde ich lustig. > ich kenne lehrerInnen, die von ihren schülerInnen gefürchtet und verachtet > werden. aber keiner von ihnen ließ sich von irgendeinem sozialen druck > knicken. im gegenteil: sie tragen ihre härte stolz zur schau, ja halten > sich sogar noch für die besseren lehrerInnen. > > > >



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