DER STAAT WAR IMMER SCHON DA
Zwischen weinseliger Vertraulichkeit und Obrigkeitshörigkeit bleibt Österreich
wenig Platz für die Entwicklung einer demokratischen Gesellschaft.
Von Norbert Mappes-Niediek
 
(Ausschnitt):
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Historische Schwäche des Bürgertums
 
    Wichtigster Grund für Österreichs Besonderheit dürfte die historische Schwäche
seines Bürgertum sein. Das Land ist bis heute ländlich - was den Anteil der Stadt-
bevölkerung bestrifft, steht Österreich näher bei Bulgarien als bei Deutschland.
    Seine Städte waren Residenzen, kujoniert von weltlichen und geistlichen Fürsten,
die Bürger dort vom Hof abhängig. ....
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    Es klingt nicht schön, hat aber viel für sich, im österreichischen Staats- und Gesellschafts-
verständnis etwas Feudales zu erblicken. Feudal ist ist das Widerspiel von Schutz
und Unterwerfung: Man huldigt der Obrigkeit und verlangt im Gegenzug Versorgung und
Protektion. .......
    Die Herrschaft soll milde, d.h. freigiebig sein und aus seiner Schatulle großzügig austeilen.
So verhält es sich auch. Von "Neoliberalismus", also Abbau des Staates, kann keine Rede sein:
Die FPÖ-geführte Regierung hat in dieser Logik eine rein einnahmenseitige Haushaltssanierung
zustande gebracht und verteilt fleißig familienpolitische Leistungen, so wie einst die Fürsten
die Bürger auspressten, um gegenüber dem Volke "milde" sein zu können.
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(Aus: planet, Zeitung für politische Ökologie, Nr. 25, Mai/Juni 2002)
 
Schönen Feiertag!
G. Gutschi