Daniela Kranz wrote:
> erich.wallner@aon.at schreibt:
>
>>Ist es wirklich so absurd, anzunehmen, daß Lerneifer und Fleiss bei
>>manchen SchülerInnen in der Pubertät quasi "von Natur aus"
>>verschwinden
>>
>
> ziemlich heftig diese aussage.
> in dem moment, wo wir es der "natur" oder den genen in die schuhe
> schieben können, enthebt uns ein derartiges erklärungsmodell natürlich
> sofort von jeglicher verantwortung und jeglichem engagement. tut mir
> leid. dem kann ich nicht folgen.
> so einfach mache ich es mir als lehrerin nicht.
>
> und als mutter habe ich angst vor kollegInnen, die es sich bei meinen
> kindern sehr wohl so einfach machen könnten, wie Sie es sich in obigem
> satz zurecht legen. dann muss eben das elternhaus bei problemen und
> schwierigkeiten stützen und das kind tragen. was aber machen jene, die
> auch von dort keine unterstützung erhalten?
>
> wir lehrerInnen sind sicher nicht für alles verantwortlich. aber wir
> tragen ein sehr hohes maß an verantwortung, denn wir arbeiten mit
> kleinen und größeren menschen. wem diese verantwortung zu schwer ist,
> hätte nie lehrer oder lehrerin werden sollen.
Na ja, ich sehe das so:
Als Lehrer habe ich ein beschränktes Ausmaß an Ressourcen (zeitlich und an
Energie). Wenn ich zuviel davon an SchülerInnen wende, bei denen es nicht
"anschlägt", weil sie z.B. gerade in der falschen Phase sind, oder weil sie
in der falschen Schule sitzen, dann enthalte ich zwangsläufig denjenigen
etwas vor, bei denen es besser wirkte.
So einfach ist es nicht, daß man sich zwischen verantwortungsvoll und
verantwortungslos zu entscheiden hätte. Ich sehe es vielmehr als eine Wahl
zwischen effizient und ineffizient, weil das Füllhorn meiner Gaben nicht
unendlich groß ist.
Ein anderes Beispiel: Die Sprachenlehrer kennen vielleicht noch mehr als
andere Fächer den Typ von Schüler, der mit einem Minimum an Aufwand ein
"Befriedigend" schafft, weil er begabt ist. Man könnte jetzt versuchen,
einen solchen Schüler zu motivieren, mehr zu tun. Ich tue das deshalb nicht,
weil ich ihm das Recht zubillige, seine Zeit für Dinge zu verwenden, die ihm
sinnvoller erscheinen - z.B. für seine Freundin. Mit seiner Begabung wird er
sowieso später in Englisch nie Probleme haben - sollte er es überhaupt je
brauchen. Und ob im Zeugnis ein Befriedigend oder ein Gut drinsteht, wen
interessiert das noch nach ein paar Jahren? Seine erste Liebe wird sich mit
hoher Wahrscheinlichkeit besser einprägen.
Vielleicht wäre es mir gelungen, den Schüler auf ein "Gut" zu bringen - aber
diese Energie investiere ich lieber, um zu schauen, daß mir keine/r durchfällt.
MfG
Erich Wallner
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