Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Es gilt für uns gegen alle An- und Aussagen heimischer Politiker sensibel zu reagieren, wenn es darum geht, die Pragamtisierung zu thematisieren. Offensichtlich hat jetzt auch die SPÖ, wie man an den Aussagen Einems unschwer nachvollziehen kann, wieder einmal den Prügelknaben Pragmatiserung entdeckt. Offensichtlich meinen auch Einem und Niederwieser, der Bildungssprecher, schon vor zwei Jahren, die Pragmatisierung wäre nur ein Hinder- und Ärgernis. Die LSL Tirol der Sektion 11 (AHS) hat dem Herrn Abgeordneten mit einer einstimmig beschlossenen Resolution geantwortet. Im Folgenden der Orginaltext des Schreibens an Einem und das Presse-Interview mit ihm vom 13.06.2002. Mit freundlichen Grüßen, Karl Digruber .......................................................................................................................


Gewerkschaft Öffentlicher Dienst
Allgemeinbildende Höhere Schule
Tirol
Südtiroler Platz 14-16 6020 Innsbruck Tel.: 59777
Vors.: Mag. Wolfgang Muth, Tel.: 0664 – 223 74 23





Herrn Abgeordneten zum Nationalrat
Dr. Caspar Einem
Parlament – SPÖ Klub
1017 W i e n


Innsbruck, 14. Juni 2002



Sehr geehrter Herr Abgeordneter!

Die Landessektionsleitung Höhere Schule in der GÖD Tirol protestiert entschieden gegen Ihre in der “Presse” vom 13. Juni 2002 erhobene Forderung, das Berufsbeamtentum weitgehend abzuschaffen.

Im Hinblick auf unseren Berufsstand weisen wir darauf hin, dass wir Lehrer und Professoren nicht nur für einen Monopol-Dienstgeber tätig sind, sondern darüber hinaus auch Aufgaben zu erfüllen haben, die sehr wohl einen politischen Druck nach sich ziehen können. Speziell sei unsere Gutachtertätigkeit im Rahmen der Schülerbeurteilung genannt, aber ebenso der Unterricht insbesondere in politisch sensiblen Unterrichtsgegenständen wie z.B. Geschichte, Politische Bildung und Deutsch.

Dass Sie mit Ihrem Vorschlag gerade zum jetzigen Zeitpunkt eine offensichtlich populistische Forderung der FPÖ aufgreifen, ist uns als Gewerkschaftern aller Fraktionen unbegreiflich.


Mit freundlichen Grüßen,



Mag. Wolfgang Muth, Vorsitzender

Ergeht z.g.K auch an Dr. Alfred Gusenbauer und Dr. Josef
Cap.

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13.06.2002 - Österreich

Neuer BSA-Präsident Einem fordert Ende des Beamtenstatus

"Presse"-Gespräch. Caspar Einem, neuer BSA-Präsident, nimmt zu den Themen
Pragmatisierung, Leistungsdenken, Uni-Reform und zu Justizfragen Stellung.

VON ERICH WITZMANN


"DIE PRESSE": War für Sie der BSA-Präsident ein Wunschposten? Caspar Einem: Nein, ich habe viele Funktionen im Laufe meines Lebens nicht angestrebt. Das gilt auch für den BSA-Präsidenten. Funktionen dieser Art sind mit deutlich zusätzlicher Arbeit und einigem Zores verbunden. Aber es ist eine spannende Herausforderung. Der BSA hat das Image einer Vermittlungsagentur für stellensuchende Jung-Sozialdemokraten. Einem: Dieses Image hat er zu Unrecht, wie ich glaube. Und es verkürzt auch seinen wahren Inhalt. Erstens, unter den gegebenen Bedingungen ist die Vermittlung von Stellen eine außerordentlich schwierige Aufgabe. Sieht man von Wien ab . . . Einem: Sieht man von Wien und dem Burgenland ab. Worum es im BSA wirklich geht, ist im Namen angelegt, nämlich eine Organisation von Akademikern und Intellektuellen zu sein, von Leuten, die nachdenken. Und noch dazu eine sozialdemokratische Organisation, die über wesentliche Fragen von heute nachdenken und dazu auch Vorschläge machen muß. Da sollte der BSA auch noch etwas deutlicher werden, damit man nicht glaubt, er sei eine Seilschaften-Organisation. Ende der Seilschaften, Beginn des Zukunftsdenkens für die SPÖ? Einem: In der letzten Zeit hat sich der BSA schon sehr stark in Richtung einer denkenden Organisation entwickelt. Und wir brauchen - nicht nur in Zeiten der Opposition, sondern ganz generell - diejenigen, die über die Fragen von heute nachdenken, um sie im Interesse der Menschen lösen zu können. Was sind die vordringlichsten Fragen, über die es nachzudenken gilt?
Einem: Einerseits ganz entscheidend über Bildungsfragen, darüber, wie eine breite, eine offene, eine chancengleiche Bildung angeboten werden kann. Ebenso ist wesentlich, sich mit der Weiterbildung zu beschäftigen, mit Angeboten, bei denen nicht das Stichwort des "lebenslangen Lernens" einen Schrecken auslöst. In den letzten Jahren ist eine Reihe von Themen zu kurz gekommen - wie etwa die Frage einer angemessenen Justizpolitik, ob die bestehenden Instrumente der Rechtsprechung ausreichen, oder ob man nicht mit zum Teil ganz anderen Möglichkeiten Konfliktschlichtung betreiben kann. Ich denke an die Möglichkeit der Mediation. Und ganz wesentlich: daß sich mehr Menschen mit der Zukunft Europas beschäftigen. Es fällt auf, daß aus dem BSA in viel größerem Maße Aussagen zum Leistungsdenken kommen, zu höheren Anforderungen als aus der SPÖ. Ich denke zum Beispiel an die Forderungen des Peter Israiloff, des BSA-Vorsitzenden für berufsbildende höhere Schulen, der auch Aufnahmsprüfungen für richtig hält. Ist der BSA mehr leistungsbezogen als die Partei? Einem: Ich glaube, der BSA hat den großen Vorteil, daß er nicht die Partei ist und daher eine wirklich gänzlich offene Debatte führen und kontroverse Positionen offen ausdiskutieren kann. Die Schwierigkeiten einer großen Partei sind, daß sie sich schwer tut, kontrovers zu diskutieren, weil dann relativ leicht der Reflex kommt: Die streiten ja untereinander. Wo wollen die wirklich hin? In einer Organisation der Intellektuellen darf man auch wirklich handfest streiten. Leistungsdenken ist für Sie kein rotes Tuch? Einem: Es ist grundsätzlich so, daß für die SPÖ Leistungsdenken nie ein Unwort gewesen ist. Sie müssen bedenken, daß die Kultur der Sozialdemokratie stark geprägt ist von der Kultur der Facharbeiter, und die haben immer auf eine entsprechende Leistung Wert gelegt. Wir sind BSA, Bund sozial-demokratischer Akademiker: 1946 gegründet, derzeit ca.10.000 Mitglieder. nicht die Vertreter der Faulen. Vielleicht auch die Vertreter der Faulen, weil das durchaus auch eine gewisse Lebensqualität hat. Aber was die SPÖ wesentlich und den BSA wahrscheinlich überwiegend prägt, ist die Leistungsorientierung. Es geht darum, etwas politisch zu ändern. Aktuelles Thema
Uni-Reform: Sie haben als Wissenschaftsminister (1997-2000) die Vollrechtsfähigkeit, die Ausgliederung der Unis anvisiert. Sie müßten jetzt zufrieden sein, daß dieses Gesetz kommt. Einem: Ich bestreite nicht, daß das, was jetzt kommt, eine Konsequenz von Konzepten, die wir in meiner Amtszeit begonnen haben, ist. Ich denke, daß die jetzige Regierung dem jetzt realisierten Konzept noch einen eigenen Stempel aufgedrückt hat. Manches hat unsere Zustimmung nicht gefunden, es ist jetzt in der Schlußphase der Gespräche einiges verändert worden - zweifellos zum Besseren. Ich bin unterm Strich mit der Reform noch nicht wirklich zufrieden. Der BSA lehnt manche wesentliche Punkte ab. Auf dem BSA-Bundestag wurden Resolutionen beschlossen, in denen die Reduktion der demokratischen Mitwirkungsmöglichkeiten kritisiert worden ist und zum Teil auch das Dienstrecht. Aber Sie haben expressis verbis im März 1999 die Entpragmatisierung der Uni-Lehrer gefordert. Einem: Das bestreite ich nicht. Soll die Pragmatisierung - sieht man von gewissen Bereichen der Hoheitsverwaltung, etwa den Gerichten, ab - abgeschafft werden? Einem: Man kann sich das durchaus überlegen. Ich habe schon als Staatssekretär im Bundeskanzleramt - damals war ich zuständig für alle öffentlich Bediensteten - die Auffassung vertreten, wir sollten das Ziel anstreben, die klassischen Trennungen in der arbeitsrechtlichen Qualifizierung - Arbeiter, Angestellter, Vertragsbediensteter, Beamter - zu überwinden zu Gunsten eines einheitlichen Arbeitnehmerbegriffs. Ich glaube, daß die Trennungen, die es da gibt, in Wirklichkeit keine praktische Relevanz mehr haben, außer daß sie bis zu einem gewissen Grad diskriminierend sind. Ich denke, wir sollten perspektivisch zu einem einheitlichen Arbeitnehmerbegriff kommen, auch zu einem einheitlichen Pensionssystem. Keine Frage: Ja, ich glaube, wir sollten den Weg gehen: Weggehen von einem beamteten System hin zu einem System allgemeiner Anstellung - durchaus mit den Möglichkeiten, die es im privaten Dienstverhältnis auch gibt, also mit einem erhöhten Schutz. Sie haben die Justizpolitik angesprochen: Der frühere sozialdemokratische Traum der gefängnislosen Gesellschaft ist ausgeträumt? Einem: Nein, der ist nicht ausgeträumt. Der Traum war ja nie der, daß ein wild gewordener Justizminister Broda gesagt hat, wir sperren jetzt die Gefängnisse zu, und die, die drinnen sind, lassen wir raus. Wovon er geträumt hat: daß es Möglichkeiten geben könnte, mit besseren, wirkungsvolleren und auch humaneren Methoden diejenigen, die gegen die Regeln des Zusammenlebens verstoßen, dazu zu bringen, daß sie sich daran halten können. Diesen Traum kann man nicht wirklich aufgeben. Politik ist nicht politiklos Derzeit gibt es einen FP-Justizminister. Sollten wieder parteilose Justizminister wie von 1986 bis 1999 kommen? Einem: Ich finde, daß die Vorstellung, daß Politik einfach politiklos ablaufen könnte, falsch ist. Ich glaube, daß es sinnvoll ist, Personen, die sich deklarieren, wofür sie stehen, zu betrauen und gegebenenfalls sie wieder abzuwählen. Verstehen Sie Böhmdorfer, der eine Politik der FPÖ macht? Einem: Das macht er. Und das ist
legitim. Wenn es uns auch nicht recht ist in der Sache. © Die Presse | Wien


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