Matura reformieren . . .

Betrifft: SchülerStandard
Im letzten SchülerStandard erging der Aufruf an Schüler, ihre Meinung zur
Maturareform darzulegen. Ich bin zwar schon seit vielen Jahren nicht mehr
Schüler an einer öffentlichen Schule (da man ja bekanntlich das ganze Leben
lang lernt, hört man ja eigentlich nie auf, Schüler zu sein), möchte aber
als Leiterin von Matura-Vorbereitungskursen in Mathematik ein wenig aus der
Praxis erzählen.

Ich begleite jedes Jahr 20 bis 30 Schüler aus unterschiedlichen Schultypen
auf dem Weg zur Matura. Wir beginnen Mitte Februar und wiederholen bis
Anfang Mai schwerpunktmäßig alle wichtigen Kapitel des Mathematikstoffes der
Oberstufe. Zusätzlich versuche ich auf die verschiedenen Anforderungen der
einzelnen Klassen (= Lehrer) einzugehen. Dabei hat sich in den letzten
Jahren gezeigt, dass sich die
Ich-bereite-meine-Schüler-auf-die-Matura-vor-Strategien der einzelnen
Professoren in drei Kategorien einteilen lassen:

1. Wir rechnen immer wieder die gleichen Beispiele durch, und ich versorge
meine Schüler mit Hinweisen und Tipps, sodass selbst die mathematisch total
unbegabten durch Auswendiglernen die Matura schaffen - der sinnlose Weg.

2. Ich bereite 30 bis 100 Maturabeispiele vor, die im Unterricht besprochen
werden und die in abgewandelter Form bei der Matura geprüft werden - der
gerechte Weg.

3. Ich verteile wahllos Kopien mit Maturabeispielen aus anderen Büchern,
rechne einige leichte durch, wiederhole ein bisschen von hier, ein wenig von
dort und gebe dann die wirklich schweren bzw. noch nie gerechneten Beispiele
zur Matura - der hoffnungslose Weg.

Also ist Matura nicht gleich Matura. Also gehen Matura und Intelligenz und
Fleiß (und das wissen wir doch schon lange) keine Äquivalenzrelation ein, d.
h. das eine kann, muss aber nicht das andere bedingen.

PS: Ich habe zurzeit acht Kandidaten, die gezwungen waren, den
hoffnungslosen Weg zu gehen und nun vor der mündlichen Matura (ein "Zusatz"
in Mathe) zittern. Von 18 Maturanten dieser Klasse haben nur zehn die
schriftliche Mathematikmatura bestanden. Und eines weiß ich ganz genau: An
Fleiß und Intelligenz hat es in diesem Fall nicht gemangelt (einige mit
"Zusätzen" haben in den anderen Gegenständen mit "gut" und "sehr gut"
maturiert).

Conclusio: Wenn mich jemand fragt, dann lautet meine Antwort: Ja, ich bin
für eine Maturareform.

Charlotte Wiegele
2700 Wiener Neustadt


. . . oder abschaffen?

Betrifft: Vorschläge von FP-Ab-
geordneten Schweitzer
Die Idee, die Reifeprüfung abzuschaffen und durch eine Diplomarbeit und mehr
Schularbeiten in der achten Klasse zu ersetzen, erscheint äußerst
fragwürdig. Eine Maturaklasse mit durchschnittlich 25 Schülern bei einer
eigenständigen wissenschaftlichen Arbeit (eine Diplomarbeit ist eine
wissenschaftliche Arbeit) zu betreuen, ist zeitlich kaum zu schaffen, außer
man betrachtet diese als "Pseudodiplomarbeit" und betreut sie in der Art,
wie Mag. Schweitzer selbst seine eigenen Unterrichtsvorbereitungen
beschrieben hat.

Weiters ist festzustellen, dass die Matura die Befähigung zum Besuch einer
Universität dokumentiert und dort Anforderungen gestellt werden, die mit
denen der Matura vergleichbar sind. Denn die Reifeprüfung soll ja auch eine
Bestätigung für die Schüler selbst sein, dass sie größere Stoffmengen
verstehen und Querverbindungen zu anderen Bereichen herstellen können.

Eine Abschaffung der Matura käme einer weiteren Nivellierung nach unten
gleich, die bereits seit Jahren durch die immer wieder mit verschiedenen
Begriffen versehene "Gesamtschule" eingeleitet worden ist.

Selbstverständlich wird auch dem berechtigten Wunsch einer Reform der
Reifeprüfung Rechnung getragen, die bereits in verschiedenen
zukunftsorientierten Lehrergremien erarbeitet wird.

Mag. Herbert Lehnert
Mediensprecher VCL (Verband
christlicher Lehrer), Wien

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