STANDARD: Wäre ein Kurssystem eine gute Alternative?

Steiner: Zu viel sollte nicht abgewählt werden können, sonst leidet die
Allgemeinbildung darunter. Die Schwelle in der achten Klasse läge bei
mindestens 50 Prozent der Fächer.

STANDARD: Wie beurteilen die Eltern die Matura?

Johannik: Merkwürdigerweise werden zur Matura die wenigsten Beschwerden an
uns herangetragen.
Schrodt: Aber am Eltern-Quotum ist die Unzufriedenheit mit der AHS-Oberstufe
bemerkbar - in manchen Bundesländern ist schon die Oberstufenkrise
ausgebrochen, weil man die Kinder fast nur mehr in die BHS schickt. Ich bin
für ein Kurssystem ab der sechsten Klasse, dafür muss aber der allgemein
bildende Teil neu diskutiert werden - auch für die BHS.

Steiner: Man sollte auf jeden Fall selbstständig arbeiten lernen - nicht nur
auf Druck.

STANDARD: Ist die Qualität der Matura schlechter geworden?

Steiner: Sie ist gleich geblieben - aber entspricht sie damit den neuen
Anforderungen?

Schrodt: Das auswendig Gelernte wird halt reproduziert - das funktioniert.

Johannik: Im französischen Schulwesen muss man nach Ende der
Pflichtschulzeit eine Art kleine Matura machen. Da lernt man schon einmal,
größere Stoffmengen zu bewältigen. Das finde ich sehr gut.

Schrodt: Als Qualitätskontrolle des Staates würde ich das befürworten.

STANDARD: Nachprüfung und Repetieren: Könnte man beides anders organisieren?

Schrodt: In einem Schulwesen, das eine Differenzierung schon bei
Zehnjährigen vornimmt, fällt mir keine gute Alternative ein. Das wäre nur
möglich in einem System, wo Schüler in Kleingruppen kontinuierlich gefördert
und gefordert werden.

Johannik: Ich glaube, dass zwei Drittel der Nachprüfungen eine Chance sind,
weil die Schüler das Jahr verbrodelt haben. Aber es gibt auch zahlreiche
Lehrer-Fehlstunden, die nicht suppliert werden. Heuer war die
Elternvertretung mit besonders vielen Beschwerden konfrontiert. Die Kinder
müssen den Unterrichtsstoff am Jahresende trotzdem beherrschen, ohne dass
zum Beispiel mal eine Stunde eingeschoben wird.

Steiner: Es sind aber auch oft die Schüler, die nicht da sind.

Schrodt: Schulen sollten eigentlich auch auf ihre Ergebnisse hin überprüft
werden - wer schlechte Erfolgsquoten hat, müsste sich rechtfertigen, sollte
aber auch Unterstützung angeboten bekommen.

Johannik: In Frankreich werden die Ergebnisse aller Schulen veröffentlicht!
Vielleicht gäbe es weniger Nachprüfungen, wenn die Schulen klarer ihre
Schwerpunkte festlegen würden.

STANDARD: Ist das heimische Schulwesen nicht sehr beliebig, weil es vor
allem darauf ankommt, welche Pädagogen man zufällig erwischt? Wäre ein
institutionalisierter Lehrerwechsel gut?

Schrodt, Steiner, Johannik: Ja!

Steiner: Bei den Noten ist viel Variabilität drin. Man hat vielleicht einen
Zweier in Mathe und bei einem neuen Lehrer einen Vierer. Ich wünsche mir
mehr Feedback-Kultur. Da muss man aber zuerst die Ablehnung der Lehrer abbauen.

Schrodt: Es sollten Standards definiert werden - und zwar innerhalb der
einzelnen Schulen. Also: Wenn ich in Englisch das und das kann, dann krieg
ich einen Dreier.
Johannik: Dafür laufen sich Elternvertreter die Fersen wund.

Schrodt: Um Reformen zu ermöglichen, müsste die Zweidrittelmehrheit für
Schulgesetze im Parlament fallen.


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