DER STANDARD
Montag, 24. Juni 2002, Seite 14 Wirtschaft
Frühpensionierungen auch in Kärnten beliebte Praxis
Landeslehrer: Bis zu 51.000 Euro für Abgang

Michael Bachner

Wien/Klagenfurt - Beginnend mit Anfang September können Kärntens
Pflichtschullehrer ein für beide Seiten lukratives Angebot des Landes in
Anspruch nehmen. Gemäß dem einstimmig beschlossenen "Kärntner Sozialplan für
Lehrer/Innen" sollen die Landeslehrer schon ab dem 55. Lebensjahr - versüßt
mit Einmalzahlungen je nach Alter zwischen 11.000 und 51.000 Euro brutto -
vorzeitig in Pension gehen können.

Das "normale" Frühpensionsantrittsalter liegt bei 56,5 Jahren, wobei für
jedes Jahr des vorzeitigen Pensionsantritts ein Abschlag von vier Prozent
verrechnet wird. Diese Abschläge sollen durch die Einmalzahlungen abgefedert
werden.

Das Land berappt diese Gelder und zwar auf zwei Raten (1. September 2002/1.
März 2003), erspart sich aber entsprechende Zahlungen an den Bund wegen des
chronischen Überziehens des Dienststellenplanes. Und die Pensionszahlungen
trägt künftig ohnehin der Bund.

Offiziell argumentiert Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider, dass mit dieser
"ökonomisch sinnvollen" Lösung arbeitslosen Junglehrern eine Chance auf
einen Arbeitsplatz gegeben würde. Haider hatte von 350 Pflichtschullehrern
gesprochen, die den "Goldenen Handschlag" voraussichtlich in Anspruch nehmen
würden. Kärntens SP-Chef Peter Ambrozy hatte daraufhin die geschätzte Anzahl
von 100 bis 150 Junglehrern genannt, die neu beschäftigt werden könnten.

Rudolf Altersberger, SP-Vizepräsident des Kärntner Landesschulrates, sagt,
dass es vor allem um den Abbau des Überhanges im Dienststellenplan geht und
zweifelt die große Akzeptanz des Modells an. Denn, so Altersberger, selbst
mit den üppigen Einmalgeldern würden die Frühpensionäre durch die
vierprozentigen Pensionsabschläge, die lebenslang wirken, Einkommenseinbußen
hinnehmen müssen.

Kärnten beschäftigt um 400 Landeslehrer mehr (insgesamt rund 5000), als der
Bund zu bezahlen bereit ist, was dem Land 14,5 Mio. EURO kostet.
Altersberger rechnet mit "maximal 100 bis 200 Lehrern", die den Sozialplan
in Anspruch nehmen werden. Arbeitslose Junglehrer würden dadurch kaum
nachrücken können, weil für 2003 der Bund bereits eine weitere Kürzung des
Dienststellenplanes um 257 Planposten angekündigt hat. "Dann wird der
Dienststellenplan wieder um rund 400 Leute überzogen", so Altersberger.

Der vorzeitige Pensionsantritt ist für die Lehrer unbürokratisch gestaltet.
Sie brauchen nur bis spätestens Ende Juni ein entsprechendes Antragsformular
einzureichen. 2003 soll dieses Modell fortgesetzt werden, allerdings mit
deutlich geringeren Einmalzahlungen, um möglichst viele Lehrer schon heuer
verabschieden zu können.

Wegen der Frühpensionierungspraxis bei ÖBB, Post und Telekom hatte Jörg
Haider zusammen mit Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer zuletzt eine
Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft übermittelt. Eine
Sonderkommission des Innenministeriums prüft, ob Frühpensionen mithilfe von
Gefälligkeitsgutachten von Vertrauensärzten zustande kamen.

© DER STANDARD, 24. Juni 2002

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