Chancen für Schulabbrecher

Nicht jeder Eingeschulte kann nach neun Jahren Schulpflicht eine fundierte
Ausbildung vorweisen. In Linz gibt es für Schulabbrecher eine zweite Chance.

Michael Möseneder

Linz - "Ich bin vorher in die HBLA gegangen, aber irgendwie war es das nicht
mehr. Seit 4. Februar bin ich jetzt hier." "Hier" ist für die 16-jährige
Sabine ein österreichweit einmaliges Projekt für Schul- und Lehrabbrecher in
Linz. "Factory - Die Produktionsschule" nennt sich die nach dänischem
Vorbild entstandene Einrichtung, die seit Jänner 2001 besteht.

Gedacht ist die Initiative für Jugendliche zwischen 15 und 20 Jahren ohne
abgeschlossene Ausbildung. Kommen sie zur Factory, werden sie mit fixem
Stundenplan einer von sechs Werkstätten zugeteilt, deren Spektrum von
Holzverarbeitung über Schmuckherstellung bis zu Webdesign reicht.

"Wobei es keine spezifische Berufsausbildung ist, uns geht es mehr um den
kreativen Zugang. Ziel ist es, das Selbstvertrauen und das
Durchhaltevermögen der Jugendlichen zu stärken", erklärt Bonnie Schepe, die
Leiterin. Nach der Bestimmung der Fähigkeiten wird versucht, die Teilnehmer
in Praktika unterzubringen, die vom Arbeitsmarktservice finanziert werden.
Ergibt sich daraus keine Anstellung oder Lehre, kann man zurück in die
Factory kommen - für maximal ein Jahr.

132 Teilnehmer kamen seit Jänner 2001, 48 sind derzeit in den Werkstätten
beschäftigt, 73 Jugendliche (86 Prozent) konnten vermittelt werden. Wie
dauerhaft diese Beschäftigungen sind, muss noch evaluiert werden.

Der "Verein für Sozialprävention und Gemeinwesenarbeit", der die Factory
betreibt, bietet mit "learn" ein weiteres Projekt für Schulabrecher an.
Jugendliche sowie Frauen jedes Alters können hier den Hauptschulabschluss
nachholen. In Einzelunterricht und Kleingruppen wird bei freier
Zeiteinteilung gebüffelt. Mit recht beachtlichem Erfolg: Von Jänner bis Juni
wurden 42 Externistenprüfungen abgelegt - mit einem Notenschnit von 1,48.

© DER STANDARD, 26. Juni 2002

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