"Nur Zentralmatura wäre fairer Vergleich" "Pisa"-Forscher: Unterschiedliche
Standards

Martina Salomon

Wien - "Ganz enorme Qualitätsunterschiede" zwischen, aber auch innerhalb
einzelner Schulen in Österreich hat der Salzburger Erziehungswissenschafter
Günter Haider festgestellt. Er leitete die OECD-Vergleichsstudien (zuletzt
Pisa) und meint: "Wir brauchen Standards!" Diese will das
Bildungsministerium - wie am Freitag berichtet - im kommenden Schuljahr für
die dritte und die achte Schulstufe veröffentlichen.

Haider geht aber noch einen Schritt weiter: Er schlägt im STANDARD -Gespräch
eine "Zentralmatura" vor, wie sie in sieben deutschen Bundesländern (die in
der Pisa-Studie übrigens gut abschnitten), in Frankreich und auch in den
meisten US-Bundesstaaten üblich ist. "Da gibt es klare
Leistungsanforderungen und die gleichen Kriterien für alle. Niemand könnte
sich durchschwindeln. Wenn man erste und zweite Wiederholung dazurechnet,
schafft im Prinzip bei uns jeder die Matura, der antritt. Aber die
Leistungen sind enorm unterschiedlich", sagt der Forscher. Einen fairen
Vergleich gäbe es eben nur, wenn alle Prüflinge am gleichen Tag mit
denselben Prüfungsfragen antreten würden.

Haider ärgert, dass man in Österreich kein Geld für eine Detailauswertung
der Bundesländer ausgeben wollte (was eine höhere Befragungszahl nötig
gemacht hätte). Und er vermisst nicht nur klare bildungspolitische Ziele,
sondern auch bildungspolitische Debatten vom Niveau der Deutschen.
Hierzulande müssten dieselben Themen diskutiert werden: "Lehrerausbildung,
Leistung, frühe Selektion, Chancengleichheit". Der Schulerfolg hänge in
Österreich "viel zu sehr" vom sozioökonomischen Hintergrund eines Kindes ab.

© DER STANDARD, 29./30. Juni 2002

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