Lieber Kollege
Ihre Darlegung des Grundproblemes ist nicht ganz richtig. Das derzeit gültige Recht sieht in einem solchen Fall (Mangelleistung nur in einem
Gegenstand) vor, dass die Klassenkonferenz die Aufstiegsklausel beschließt. Nur in Fällen, wo die Leistungen in den anderen Gegenständen eher schlecht als recht sind, muss der Schüler zur Wiederholungsprüfung antreten. Es ist daher keine Rede davon, dass wiederholende Schüler sich in den anderen Gegenständen langweilen müssen. Zu Ihrer Gesamtbeurteilung des Schulsystems ("schwachsinnig, verrückt") fällt mir spontan ein, warum Sie weiterhin Lehrer sind, wenn Sie mit dem Schulsystem gar nicht zufrieden sind. Wenn man das aber genauer andiskutiert, stellt sich die Frage, warum das "schlechte" Schulsystem dann so gute Leistungen hervorbringt? Ich bin natürlich bei Ihnen, wenn Sie eine Aufweichung der starren Stundentafel verlangen. Diesbezügliche Versuche gibt es ja auch in allen Schulbereichen. Man darf aber nicht vergessen, dass wir schultypenspezifische Bildungsziele haben, wo man halt einen Mangel in Mathematik oder Physik einfach nicht hinnehmen kann. Wenn ich mir die AHS ansehe, fällt mir überhaupt kein Fach ein, wo man ruhigen Gewissens sagen könnte, dass man es weglassen , oder nicht so stark bewerten könnte. Wenn ich als Schüler der AHS keinen Bock auf Geschichte habe, das System dann alle Möglichkeiten der Umwege anbietet, kann das meiner Ansicht nach nicht im Sinne einer umfassenden Allgemeinbildung sein. Wenn ich mich für gewisse allgemeinbildenden Fächer nicht interessiere, könnte ich ja der AHS den Rücken kehrern und eine Fachschule besuchen, wo ich fast nur mehr Fächer habe, die mich interessieren. Ja ich glaube, dass man junge Menschen -sofern sie Allgemeinbildung haben wollen- durchaus zu manchen Gegenständen zwangsverpflichten muss. Übrigens, ausschließlich Frontalunterricht mit so trockenen Stundenzielen, wie Sie dargelegt haben, finde ich in meiner Umgebung eigentlich nur in Ausnahmefällen. Schöne Grüße Josef zwickl
----- Original Message -----
From: "kurt_winterstein"
To: "Lehrerforum"
Sent: Wednesday, July 03, 2002 8:14 AM
Subject: Re: LF: Kuntzl: Durchfallen? aber wohin?


> Das Problem ist doch, dass ein Schüler oder eine
> Schülerin mit einer ungenügenden Leistung in
> Mathematik gezwungen wird, sehr viel Zeit in
> den anderen Gegenständen, die er oder sie
> durchaus beherrscht, zu verplempern.
> Würden wir endlich vom Stundenkanon abgehen,
> der die SchülerInnen zwingt, in den verschiedenen Einheitsschulen, die
> wir ja haben, in denen nämlich verlangt wird, dass sich alle
> SchülerInnen im gleichen Tempo zur gleichen Zeit mit den gleichen
> Inhalten beschäftigen, wäre es kein Problem, sich auf
> auftretende Schwächen mehr zu konzentrieren.
> P.S. Ich weiß, dass viele von uns -und dazu zähle
> ich mich auch- versuchen, in unserem verrückten
> Schulsystem auf die verschiedenen Interessen und
> Begabungen einzugehen, aber das sind und bleiben
> halt doch nur Korrekturversuche eines an sich
> ziemlich schwachsinnigen Systems, das allen
> entwicklungspsychologischen Erkenntnissen widerspricht.
> P.P.S. Natülich wird es auch in einer Schule, die auf die
> Verschiedenheit der SchülerInnen eingeht, aus organisatorischen
> Gründen immer wieder Frontalvorträge vor einem größeren
> SchülerInnenkreis geben.
>
> Aber so lange das System 50 Minuten "Vermehrung der
> Hamster", 5-10 Minuten Wurstsemmel, "Cosinussatz",
> 5-10 Minuten Wurstsemmel, "Der Trägheitssatz" usw.
> nicht endlich abgeschafft wird -und das gibt organisatorische
> Probleme, und da müssen wir alle dazulernen, weiß ich schon, aber das
> sind wir den Kindern schuldig, und die dafür nötigen Mittel ist die
> Gesellschaft den Kindern schuldig- also solange dieses System nicht
> endlich abgeschafft wird, solange sollten sich die vehementen Gegner
> des Aufsteigens mit einem "Nicht genügend" doch dazu bequemen, eine
> Antwort auf die Frage zu geben, warum die Kinder wegen
> mangelnder Leistung in einem Fach den überwiegenden Teil
> ihrer Zeit mit der Wiederholung von Inhalten beschäftigt sein
> soll, die sie sich bereits erfolgreich angeeignet haben.
>
> Kurt Winterstein
>
>
>
>
>
>
> > Josef Zwickl schrieb:
> >
> > Dieser Vorschlag ist für mich ein weiteres Indiz für die
> > "Verhaiderung"
der österreichischen Politik. Ich könnte mir gut vorstellen wie es im nächsten Wahlkampf von den 4-färbigen Hochglanzplakaten zu lesen sein würde: "Einmal die selbe Schulstufe zu besuchen ist genug- daher wählen Sie....."
> > Das wäre ein Schlager! Das könnte den bisherigen Hit: "Einfach
> > ehrlich,
einfach Jörg" o.ä. um Längen schlagen.
> > In der Hoffnung auf etwas seriösere Politik verbleibe ich mit
freundlichen Grüßen
> > Josef Zwickl
>
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e-mail
> an majordomo@ccc.at mit dem Befehl "unsubscribe lehrerforum" im
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