Lieber Kollege Zwickl, lieber Kurt Winterstein,
Wenn Sie, Koll. Zwickl, auf Koll. Wintersteins Ausführungen unter anderem
antworten:
"Zu Ihrer Gesamtbeurteilung des Schulsystems ("schwachsinnig, verrückt") fällt mir spontan ein, warum Sie weiterhin Lehrer sind, wenn Sie mit dem Schulsystem gar nicht zufrieden sind."
dann fällt mir als 78er "spontan" ein, wie Menschen, die in den 70er Jahren am (damals) westlichen Polit-System Kritik übten, mit "Geh doch rüber"-Anwürfen bedacht wurden. Ich persönlich habe in diesem Zusammenhang aber vielmehr den Eindruck, dass es zum Glück eine große Zahl von Lehrerinnen und Lehrern gibt, die TROTZ dieses Systems empathisch und intellektuell mit den ihnen anvertrauten Schülerinnen und Schülern arbeiten und sie zu den von Ihnen, Koll. Zwickl, angeführten Leistungen (im menschlichen und intellektuellen Bereich) begleiten. Der PRESSE-Spektrum-Artikel von Wolfgang Freitag (29 06 02) fasst das Dilemma, in dem sich KollegInnen befinden, die gern unter anderen Bedingungen arbeiten würden, aber keine Chance sehen, die gegebenen (Mehrheits-)Verhältnisse zu ändern, meiner Meinung nach treffend zusammen:
ZITAT: "Nein, unser Schulsystem ist nicht gut. Jahre-, ja jahrzehntelang wurden anstehende Reformen auf die lange Schulbank geschoben, hört man raunen, aus politischem Kalkül, aus Inkompetenz oder weil manches am Thema Bildung ideologisch so aufgeladen ist, daß sich darüber nicht mehr reden und noch weniger entsprechend handeln läßt.
Dennoch: Nein, unser Schulsystem ist auch nicht schlecht. Das schulpolitische Durchwursteln von Jahr zu Jahr, von Regierung zu Regierung, von Minister zu Minister hat ausgereicht, uns, wenn schon nichts anderes, so immerhin ein passables "Pisa"-Ergebnis zu bescheren. D i e p a a r f r u s t r i e r t e n
L e h r e r, d i e p a a r f r u s t r i e r t e n S c h ü l e r , w
e n k ü m m e r n d i e. Hauptsache, das
Ranking paßt. Bis zur nächsten "Pisa"-Studie."
(Hervorhebungen von mir, T.D)
Grüße sendet
Timo Davogg
> Lieber Kollege
> Ihre Darlegung des Grundproblemes ist nicht ganz richtig. Das derzeit
> gültige Recht sieht in einem solchen Fall (Mangelleistung nur in einem
> Gegenstand) vor, dass die Klassenkonferenz die Aufstiegsklausel
beschließt.
> Nur in Fällen, wo die Leistungen in den anderen Gegenständen eher
> schlecht als recht sind, muss der Schüler zur Wiederholungsprüfung
> antreten. Es ist daher keine Rede davon, dass wiederholende Schüler
> sich in den anderen Gegenständen langweilen müssen. Zu Ihrer
> Gesamtbeurteilung des Schulsystems ("schwachsinnig, verrückt") fällt
> mir spontan ein, warum Sie weiterhin Lehrer sind, wenn Sie mit dem
> Schulsystem gar nicht zufrieden sind. Wenn man das aber genauer
> andiskutiert, stellt sich die Frage, warum das "schlechte" Schulsystem
dann
> so gute Leistungen hervorbringt? Ich bin natürlich bei Ihnen, wenn Sie
eine
> Aufweichung der starren Stundentafel verlangen. Diesbezügliche
> Versuche
gibt
> es ja auch in allen Schulbereichen. Man darf aber nicht vergessen,
> dass
wir
> schultypenspezifische Bildungsziele haben, wo man halt einen Mangel in
> Mathematik oder Physik einfach nicht hinnehmen kann. Wenn ich mir die
> AHS ansehe, fällt mir überhaupt kein Fach ein, wo man ruhigen
> Gewissens sagen könnte, dass man es weglassen , oder nicht so stark
> bewerten könnte. Wenn ich als Schüler der AHS keinen Bock auf
> Geschichte habe, das System dann alle Möglichkeiten der Umwege
> anbietet, kann das meiner Ansicht nach nicht im Sinne einer
> umfassenden Allgemeinbildung sein. Wenn ich mich für
gewisse
> allgemeinbildenden Fächer nicht interessiere, könnte ich ja der AHS
> den Rücken kehrern und eine Fachschule besuchen, wo ich fast nur mehr
> Fächer habe, die mich interessieren. Ja ich glaube, dass man junge
Menschen -sofern
> sie Allgemeinbildung haben wollen- durchaus zu manchen Gegenständen
> zwangsverpflichten muss. Übrigens, ausschließlich Frontalunterricht
> mit so trockenen Stundenzielen, wie Sie dargelegt haben, finde ich in
> meiner Umgebung eigentlich nur in Ausnahmefällen.
> Schöne Grüße
> Josef zwickl
--
Diese Liste wird vom Computer Communications Club (http://www.ccc.at) betrieben. Um sich aus der Liste austragen zu lassen, senden Sie ein e-mail an majordomo@ccc.at mit dem Befehl "unsubscribe lehrerforum" im Nachrichtentext.