Josef Zwickl schrieb: "Ihre Darlegung des Grundproblemes
ist nicht ganz richtig. Das derzeit gültige
Recht sieht in einem solchen Fall
(Mangelleistung nur in einem Gegenstand)
vor, dass die Klassenkonferenz die
Aufstiegsklausel beschließt.

Stimmt. Aber an der grundsätzlichen Problematik ändert sich nichts, wenn ein/e SchülerIn wegen ungenügender Leistungen in zwei Gegenständen noch immer den Großteil der Zeit verplempern muss. Ich bin nicht dagegen, dass wir SchülerInnen anhalten, Schwierigkeiten nicht auszuweichen, sondern zu meistern; ich bin nur dagegen, dass sie die Zeit (eben in den anderen Gegenständen) verplempern.

Für die Beantwortung der Frage, warum ich selbst noch Lehrer bin, bin ich Kollegen Timo Davogg dankbar. Das trifft es schon so ziemlich. Diese Frage bekomme ich übrigens auch manchmal von meinen SchülerInnen gestellt. Ich muss gestehen, dass ich mich in solchen Momenten eher freue.

Josef Zwickl schrieb: Übrigens, ausschließlich Frontalunterricht
mit so trockenen Stundenzielen, wie Sie
dargelegt haben, finde ich in meiner Umgebung
eigentlich nur in Ausnahmefällen.

Frontalunterricht hin, Gruppenarbeit her, das ändert nichts an meiner prinzipiellen Kritik, dass alle Schultypen Einheitsschulen sind in dem Sinn, dass die unterschiedlichen Kinder in gleichen vorgegebenen Zeitrythmen gleiche vorgegebene Inhalte auf gleiche Weise verarbeiten müssen. Ich habe auch nichts gegen unsere Bemühungen, alle Freiheiten, die uns die Struktur lässt, auszunützen. Ich bedauere es nur, dass ich sehr viel Energie aufwenden muss, um TROTZ der Strukturen einen akzeptablen Unterricht zu organisieren. Lieber wäre es mir, wenn mich die Strukturen in meiner Arbeit unterstützen würden.

Zur Notwendigkeit der Zwangsverpflichtung:

Ich möchte mich nicht darüber streiten, wozu wir SchülerInnen unbedingt zwingen sollten. Wenn schon, dann sollten wir sie vielleicht dazu zwingen, einander zu respektieren. Nur: Mit Zwang habe ich da bisher keinen so tollen Erfolg gehabt.

Mehr Erfolg haben wir, wenn wir die SchülerInnen zwingen, zu lernen, welche rituelle Handlungen sie setzen müssen, um positiv abzuschneiden.

Naja, die Sternstunden meines Berufes sind diese Rituale nicht.

Ich erklär's an einem Beispiel:

In Österreich wissen die Erwachsenen, die unserer Pflichtschulsystem absolviert haben, dass sich die Erde um die Sonne dreht und nicht umgekehrt. Dafür sind sie auch in Physik positiv benotet worden. Falsch!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Die Mehrheit weiß es nicht!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Die Mehrheit, weiß, dass die Sonne im Osten aufgeht und dass man in Physik sagt, dass sich die Erde um die Sonne dreht und dass der Poli- zeibeamte, der einen Unfallbericht verfasst, bei der Abschätzung der Geschwindigkeit der beteiligten Fahrzeuge so tut, also ob sich die Erde weder um die Sonne, noch um sich selbst, noch um sonst was bewegte.

Wer um das Erstaunen gebracht wird, dass die Erde vielleicht doch nicht der Mittelpunkt des Universums sein könnte, sondern gleich lernen muss, wie's "wirklich ist", der kriegt seinen positiven Abschluss, aber gelernt hat er nichts*. Das habe ich mit den oben erwähnten Ritualen gemeint.

Und das ist das Entscheidende:

WIR KÖNNEN DIE SCHÜLER ZU ALLEM MÖGLICHEM
ZWINGEN:

WIR KÖNNEN SIE ABER NICHT ZWINGEN, SICH ZU WUNDERN.

GEWISSE INHALTE KANN MAN ABER OHNE WUNDERN
GAR NICHT KAPIEREN.

Tja so ist das eben.

mfG Kurt Winterstein


* außer vielleicht die Antwort auf die entscheidende Frage in der Millionenshow.

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