Lieber Koll. Zwickl,
liebe MitleserInnen,

wenn wir uns um einige Jahrzehnte zurückerinnern, so gab es Schulen, die schon von ihrem Namen her die Geschlechtertrennung verkündeten (Bundesgymnasium für Mädchen /Bundesgymnasium für Knaben). In diese Zeit will tatsächlich hoffentlich niemand mehr zurück, das wäre reaktionär. Doch es kann nicht falsch sein, vor allem auch dann, wenn es durch PISA einigermaßen wissenschaftlich belegt zu sein scheint, dass überwiegend bis fast ausschließlich Mädchen oder Burschen manche Kapitel aus Unterrichtsgegenständen überhaupt nicht oder aber ganz besonders mögen. Wäre es deswegen schlecht oder ein Fehler im System, wenn sich für einige Oberstufenmodule, die eines Tages sicher kommen werden, wenn sich heute schon für Wahlpflicht- fächer "nur ..." anmelden - Soll das eine Katastrophe sein? Wer die Koedukation bis zum Extrem treibt, schadet der Sache. Seien wir froh, dass selbst eine Frauenreferentin hervortritt und bekennt, dass ein Übertreiben falsch wäre, dass Lern-Angebote so sein sollen, dass sie immer auf die gegegebenen Ausgangsvoraussetzungen (Vorwissen) Bezug nehmen sollen. Ergänzend zu den Fallschilderungen im heutigen Kurier könnte ich anführen, dass im WPF beispielsweise die Aufnahme von Literatur wie Stefan Zweig (Die Heilung durch den Geist / Der Kampf mit dem
Dämon) doch geschlechtsspezifisch höchst unterschiedlich ist. Das hängt damit zusammen, das männliches Denken zumeist linkshirnig dominant geprägt ist. Weil allerdings in der letzten Bildungsdebatte im Hohen Haus so rührend viel von den künftigen Nobelpreisträgern aus Österreich die Rede war, so sollten diejenigen, die das nicht nur aus Prestigegründen wollen, mal Albert Einstein lesen, der bekannt hat, dass er seine bedeutendsten Erkenntnisse auf seine Intuition zurückführt, oder anders gesagt, so war er (wie leider so selten!) ein eher rechts- hirnig denkender Mann. Es fehlt an der Fähigkeit, dass wir lernen -
je nach Bedarf - die eine oder andere Gehirnhälfte einzuschalten (durch
Biofeedback trainierbar!) und auch vor allem harmonisch (ausgeglichen, unter Einbeziehung beider Gehirnhälften) zu denken.

Abschließend (weil Sie sich über das "Zurückpfeifen" sorgen) möchte ich Sie noch auf ein Interview im Kurier aufmerksam machen, das hoffentlich ihre Sorgen zerstreut. http://kurier.at/?0049004893840607

Freundliche Grüße
Günter Wittek



----- Original Message -----
From: Josef Zwickl
To: !Lehrerforum
Sent: Monday, July 22, 2002 5:49 PM
Subject: LF: Koedukation


Bettina Stadlbauer (SP-Frauensekretärin) unternimmt laut PRESSE (22.7.2002) einen Vorstoß zur teilweisen Aufhebung der Koedukation, da Mädchen und Buben unterschiedliche Schwächen aufweisen, die getrennt besser gefördert werden könnten. Mein Kommentar: Ich bin höchst erstaunt darüber, dass auc dieser Richtung solch "reaktionäre" Vorschläge kommen. Ich sehe darin aber einen Hoffnungsschimmer in der SP-Bildungspolitik. Wenn man unnötige ideologische Hemmschuhe weglässt, werden die Vorschläge ganz realistisch. Bisher war es ja immer ein ideologisches Dogma der SP, dass alle Kinder gleich seien. Plötzlich erkennt man, dass das in der Realität nicht ganz so ist und Mädchen überwiegend andere Stärken haben als Buben. Ich finde diesen Vorstoß der Dame sehr interessant. Es fragt sich freilich, wann sie von der Parteimaschinerie wieder zurückgepfiffen wird. Schöne Grüße Josef Zwickl





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