Lieber Kollege Till
Ich bin froh, dass nur ungeschriebene Gesetze gebrochen wurden, nicht geschriebene. Das wäre nämlich dann wirklich unmoralisch gewesen.
Ich hoffe aber, dass Sie jetzt zufrieden sind, dass die undemokratische und asoziale Regierung endlich den Weg für Neuwahlen freigibt.
Mit einem Kanzler Gusenbauer oder wahrscheinlicher ein Van der Bellen (den könnte man wenigstens in Europa herzeigen) müssen Sie dann halt auch leben können.
Zu den Koalitionsmöglichkeiten anno 1999: Wenn Sie schon so genau recherchierten, müsste Ihnen aber auch aufgefallen sein, dass rot/schwarz nicht von der ÖVP sondern von der Betonkopffraktion der SPÖ (Nürnberger) verhindert wurde. Klima selbst hätte sich zu Reformen bekannt und wollte sogar eine heimliche Koalition mit Haider. Schon vergessen?
Noch etwas: VP hat bekanntlich genau so viele Mandate und Prozentpunkte wie die FP. Also hat Schüssel, der auch ein ausgezeichneter Kanzler ist (und vielleicht auch bleiben wird-in Ermangelung an Alternativen), gar nicht sein Wort gebrochen. Aber das ist Interpretationssache.
Schöne Grüße (geschriebene)
Josef Zwickl

----- Original Message -----
From: HYPERLINK "mailto:herbert.till@aon.at"Herbert Till
To: HYPERLINK "mailto:lehrerforum@ccc.at"lehrerforum@ccc.at
Sent: Tuesday, September 10, 2002 8:01 PM
Subject: LF: Das sitzt! Teil1

Salzburger Nachrichten" vom 09.09.2002Seite: Nr. 209, 58. JahrgangI 0,80

DER STANDPUNKT -  Die unbesiegbare Macht ungeschriebener Regeln von   RONALD BARAZON
Ein beliebter Satz lautet: In der Politik sei alles erlaubt.
Tatsächlich ist das genaue Gegenteil der Fall. Die Politik gehorcht ungeschriebenen Gesetzen. Und diese zeigen - früher oder später - ihre Macht. Das muss nun auch Wolfgang Schüssel lernen, der die ungeschriebenenGesetze konsequent verletzt hat.

Die Koalition von ÖVP und FPÖ sei demokratisch legitimiert, ließ Schüssel verlauten. Beide gemeinsam haben in einem ordnungsgemäß abgewickelten Wahlgang eine Mehrheit von 54 Prozent erreicht. Das Wahlergebnis vom Oktober 1999 sei zudem eine Absage an die rotschwarze Koalition gewesen.

Nur: Kaum ein Bürger kam am Wahltag 1999 auf die Idee, dass ÖVP und FPÖ eine Koalition bilden. Schüssel hatte nicht nur diese Möglichkeit vor den
Wahlen ausgeschlossen, sondern auch angekündigt, in Opposition zu gehen,  für den Fall, dass die ÖVP auf dem dritten Platz landen würde. Sie landete
auf dem dritten Platz.

Mit der Regierungsbildung im Februar 2000 wurde ein ungeschriebenes Gesetz verletzt: Der Wähler muss wissen, was er wählt.
Die von den Architekten der Wende so gerne strapazierte Mathematik hatte ebenfalls einen schalen Beigeschmack. Niemand wird leugnen, dass die
Österreicher mit den Leistungen der rotschwarzen Koalition nicht zufrieden waren. Die Wähler gaben aber der Kombination Rot-Schwarz 60 Prozent. Also deutlich mehr als der Kombination Schwarz-Blau.

(es folgt teil2)