APA0356 5 II 0359 XI 19.Sep 02

Schulen/Grüne/WTO/Kommunales/Wien

Wiener Grüne warnen vor Bildungs-Liberalisierung durch GATS

Utl.: Jerusalem: Führt zu "Luxusschulen für Geldelite" und "Restschulen" für Einkommensschwache - Bildungsministerium: Schule so gut wie nicht betroffen =

Wien (APA) - Vor einer Liberalisierung des Bildungswesens durch das General Agreement on Trade in Services (GATS) warnen die Wiener Grünen. Derzeit würde im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) hinter verschlossenen Türen über die GATS-Spielregeln verhandelt, betonte die Grüne Gemeinderätin Susanne Jerusalem am Donnerstag gegenüber der APA. Dabei könne es dazu kommen, dass ausländische private Anbieter schon demnächst die gleichen Subventionen wie öffentliche Schulen erhalten müssten. Als Folge drohten "Luxusschulen für die Geldelite" und "Restschulen" für Einkommensschwache.

Im Rahmen von GATS wird der Handel mit Dienstleistungen geregelt, ausländische und inländische Anbieter werden dabei grundsätzlich gleich gestellt. Streitpunkt dabei ist oft die Behandlung des Öffentlichen Dienstes - nach Ansicht der Grünen ist der Bildungsbereich von GATS betroffen, da eine im Vertrag vorgesehene Ausnahme nur für strikt hoheitliche Aufgaben gelte. Da in Österreich aber kein Staatsmonopol für Bildung existiere und es neben öffentlichen auch private Anbieter gebe, müssten letztere nach GATS demnächst Subventionen in gleicher Höhe wie die öffentlichen Schulen erhalten.

Als Folge fürchtet Jerusalem ein Auseinanderdriften des Schulsystems: Da die Privaten neben den öffentlichen Subventionen auch zusätzliches Schulgeld verlangen würden, könnten diese kleinere Klassen oder mehr Zusatzangebote anbieten - es entstünden dabei "Luxusschulen für die Geldelite", während die öffentlichen Einrichtungen zu "Restschulen" für Einkommensschwache wie MigrantInnen und AlleinerzieherInnen würden. Der Mittelstand würde um ein etwas geringeres Schulgeld "Mittelklasseschulen" erhalten. Folge für die Lehrer: Sie müssten mit den Kindern in den privaten Sektor abwandern, wo Einkommensverluste zu befürchten seien, so Jerusalem.

Ein Dorn im Auge ist Jerusalem auch die Art der GATS-Verhandlungen. Diese würden von der EU geführt und seien keiner parlamentarischen Kontrolle unterworfen. Zu befürchten sei auch, dass Österreich zu Kompromissen bereit sei - so könne man etwa Vorbehalte für die Pflichtschulen anbringen und die AHS-Oberstufen bzw. die Berufsbildenden Schulen dem freien Wettbewerb aussetzen.

Im Bildungsministerium ist man anderer Ansicht: Der Schulbereich sei von GATS so gut wie gar nicht betroffen. So würden die Schulen etwa keine Subventionen erhalten, vielmehr seien die Erhalter - also Bund, Länder und Gemeinden - für die Finanzierung ihrer jeweiligen Einrichtungen verantwortlich. Die Grünen müssten sich keine Sorgen machen, der freie Bildungszugang bleibe auf jeden Fall erhalten, hieß es aus dem Ministerium auf Anfrage.
(Schluss) aku/si

APA0356 2002-09-19/13:08

191308 Sep 02

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