Arbeitslose stürmen Unis - ein programmierter Fehlstart
SN 05. Oktober 2002
DER STANDPUNKT
JOSEF BRUCKMOSER
Die österreichischen Universitäten erleben einen Boom wie lange nicht mehr. Bei den Inskriptionsstellen müssen sich die Studienanfänger wieder anstellen. Auf den Eintragungslisten für Pflichtseminare gibt es wieder Wartelisten. Viel zu kleine Hörsäle werden von viel zu vielen Erstsemestrigen überquellen.
Dieser Zustrom zu den Universitäten könnte höchst erfreulich sein, wäre er Ausfluss einer zukunftsorientierten Bildungspolitik. Denn die Akademikerquote in Österreich ist niedrig. Höhere Bildung ist, wenn man irgendeinem Zukunftsszenario glauben darf, der beste Garant für die eigene berufliche Zukunft und für den Wirtschaftsstandort Österreich.
Allein, die Überflutung der Universitäten hat einen alles andere als erfreulichen Hintergrund. Es ist der extreme Druck auf dem Arbeitsmarkt, der die Maturantinnen und Maturanten scharenweise in die Hörsäle drängen lässt. Allein in Salzburg waren mit Stichtag 30. September 842 Absolventen von Höheren Schulen arbeitslos. 160 mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. In den anderen Bundesländern ist die Entwicklung dieselbe.
Die extrem gestiegene Jugendarbeitslosigkeit wird an den Universitäten mehr schlecht als recht kaschiert. Denn für ein Studium gibt es keinen schlechteren Start als die Überlegung: Wenn ich sonst keine Chance habe, studiere ich halt einmal. Das ist keine positive Motivation, sondern ein vermeintlicher Ausweg aus einer trostlosen Lage. Dass die Wahl oft auf überlaufene Studienrichtungen wie Psychologie oder Publizistik fällt, sagt ein Übriges: in Österreich wird in diesem Herbst ein Heer von Studienabbrechern produziert. Diese jungen Leute werden nach mehr oder weniger sinnlosen Semestern an der Uni wieder nicht weiter sein als jetzt. Ihre Chance, durch Höherqualifizierung besser in den Arbeitsmarkt hineinzukommen, ist verschwindend gering.
Den einzigen Bonus hat die Regierung, weil die zusätzlichen Studierenden nic ht in der Arbeitslosenstatistik aufscheinen und zudem das Budget kaum belasten. Denn die Universitäten werden dafür, dass sie mehr Studenten aufnehmen, keinen Cent mehr Geld erhalten. Die Familienbeihilfe für die Studierenden kommt nicht aus dem Budget, sondern aus dem Familienlastenausgleichsfonds. Die Studiengebühren, die der Staat zusätzlich einnimmt, belasten wiederum nicht diesen selbst, sondern die betroffenen
Eltern: sie zahlen doppelt dafür, dass ihre Kinder keine Arbeit finden. Einmal über die Studiengebühren, zum Zweiten über den Pflicht-Unterhalt für ihre nicht erwerbstätigen Töchter und Söhne.
Eine verfehlte Wirtschaftspolitik macht aus jungen Arbeitslosen eine hoffnungslose Studentenmasse. Der Staat putzt sich finanziell bei den Eltern ab. Die Universitäten ächzen unter der Last. Für Tausende junge Menschen wird der Schritt aus der Schule zum Fiasko.
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