Ich schließe mich der Meinung von Koll. Obermayr an, dass die zahlreichen Pressemeldungen im Zusammenhang mit dem RH-Bericht äußerst fragwürdig sind, denn die Lohngestaltung im Öffentlichen Dienst war zweifellos eine "ausgabenseitige Entlastung" des Budgets. Wer nur auf die Zahlen schaut, der verstrickt sich in das Problem auf einer vordergründigen Ebene, die Doktin vom "Nulldefizit" wird zur Meßlatte des Erfolgs. Ob diese Nulldefizit-Ideologie richtig war oder nicht, steht bei Fiedler nicht mehr zur Diskussion. Das Geld, das in den Bildungsbereich gekommen ist, war aber gut investiert, wenngleich zu wenig. Dramatisch ist der Rückgang beim Sachaufwand, der einen absoluten Tiefststand erreicht hat mit nur noch 6 Prozent. In den 70er Jahren waren es noch bis zu 40 Prozent im Bildungsbereich. Wenn aus Fiedlers Munde die Forderung nach "tief greifenden Strukturreformen" kommt, dann ist größte Vorsicht geboten. Denn Strukturreformen müssen auch die richtige Zielrichtung haben. An Fiedler und die Nulldefizit-Reformer ist daher die Frage zu richten, ob sie den Staat "entlasten" wollen, um gleichzeitig die Leistungen nicht mehr zu erbringen, indem sie das Schulsystem privat organisieren möchten. Ich finde es schon bedenklich, wenn eine populistische Forderung Fiedlers, wenn sie in der Verpackung einer Kritik an der Regierung erscheint, offenbar in den Zeitungen einige emotionale Unterstützung erfährt.
Auch in Wahlkampf-Zeiten ist es wichtig, die Sachinformation
hervorzuheben. In einer Presseaussendung (12.10.) bekräftigte
Bures das Ziel der SPÖ: "Die SPÖ will eine echte Aufgabenreform des Staates, die im Laufe von zehn Jahren 25 Prozent der Bürokratiekosten einspart. Damit werden Mittel für wichtige Zukunftsaufgaben frei gemacht. Sie versicherte, dass dies keinesfalls weniger Lehrer, Ärzte, Polizisten oder Finanzbeamte
bedeute; mit einer neuen, sinnvollen Struktur kann ohne Einschränkungen bei der Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung ein Viertel der Bürokratiekosten eingespart werden".
Ich finde beeindruckend, wie der RH-Bericht aufzeigt, wie
die Regierung beim umstrittenen Bau des Kulturforums in New York mit unseren Steuergeldern umgegangen ist, wo die geplanten Kosten von ursprünglich 6 Millionen Dollar auf mittlerweile 31 Millionen Dollar explodiert sind. Eine Steigerung um mehr als 400 Prozent oder 25 Millionen Dollar. Ein Projekt, das nur der Selbstdarstellung des Staates dient, von dem wir aber keinen in Einklang mit den Kosten stehenden Nutzen haben. Ich finde es schon verwunderlich, dass die VP, die einstmals gegen das UNO-City Konferenzzentrum volksbegehren liess, sich nun dazu hergibt. Wenn wir dieses Beispiel - und viele ähnliche Beispiele - betrachten, so wird nachvollziehbar, warum Fiedler meint, dass das "ausgabenseitige Sparen" des Staates vollkommen unzureichend und auch nicht glaubwürdig war.
Günter Wittek
----- Original Message -----
From: Erich Wallner To: Lehrerforum
Sent: Saturday, October 12, 2002 7:08 AM
Subject: LF: Nulldefizit laut RH-Fiedler
DER STANDARD
Samstag/Sonntag, 12./13. Oktober 2002, Seite 23
Hohe Steuerleistung brachte Nulldefizit
Fiedler: Sanierung nicht nachhaltig
Wien - Der Bundesrechnungsabschluss für 2001 beweist: Der Budgetüberschuss des vergangenen Jahres von 0,2 Prozent wurde überwiegend einnahmenseitig erreicht. Die Einnahmen aus Steuern und Abgaben seien deutlich gestiegen, Ausgabenabbau habe jedoch keiner stattgefunden, kritisierte Rechnungshofpräsident Franz Fiedler: "Es war die Steuerleistung der Bürger, die den Überschuss ermöglicht hat." Außerdem sei das Budget, wie die Prognose von einem Prozent Defizit für heuer zeige, nicht nachhaltig saniert. Die Steuereinnahmen seien um rund 5,81 Mrd. Euro gestiegen, die fiskalische Gesamtbelastung von unter 44 Prozent im Jahr 2000 auf über 46 Prozent. Trotz des Überschusses sei die Gesamtverschuldung im vergangenen Jahr auf 63 Prozent gewachsen, liege also klar über dem angepeilten Wert von 60 Prozent, sagte Fiedler. Für den Zinsendienst mussten 7,56 Mrd. Euro aufgewandt werden. Das entspricht etwa dem Budget des Bildungsministeriums oder den Bezügen der öffentlich Bediensteten. Fiedler mahnte neuerlich "tief greifende Strukturreformen" ein. Eine Neuverteilung der Kompetenzen von Bund und Ländern sei dringend geboten. Dazu sollte man nach EU-Muster einen "innerösterreichischen Konvent" einrichten, in dem offen diskutiert werden müsse, so Fiedler. "Weder die Zahl der Abgeordneten noch jene der Verwaltungs- und Legislativebenen sollte ein Tabu darstellen." (APA)
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