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POWER-PAUKER
36.905 Stunden Unterricht, 26 Kilometer Klassenarbeiten
Von Sabine Hoffmann
Wie viele Stunden habe ich unterrichtet? Das fragte sich Rainer Pabel, pensionierter Lehrer aus Stuttgart. Und kramte seine Notenbüchlein hervor: 36.905 Stunden waren es, rechnete er aus und erstellte eine Gymnasiallehrer-Statistik.
Lehrer Pabel korrigierte 89.580 Blatt Papier
Catulls Liebesgedichte kennt Rainer Pabel inzwischen in- und auswendig, ebenso Senecas Theorien zur Zeit. Das ist auch nicht besonders verwunderlich. Schließlich unterrichtete Pabel 36,5 Jahre lang am Johannes-Kepler-Gymnasium in Bad Canstatt nahe Stuttgart Latein und Englisch. Doch auch im Ruhestand konnte der 65-Jährige den Unterricht nicht vergessen - besonders das Korrigieren. Furchtbar sei es gewesen, erinnert sich Pabel - und er habe sich gefragt: Wie viele Stunden habe ich über Klassenarbeiten und Vokabeltests gebrütet? Und wie viel Blatt Papier sind das? Also marschierte er in sein Arbeitszimmer, kramte seine gesammelten Lehrerkalender vor und rechnete: 14.161 Stunden und 27 Minuten lang korrigierte Pabel 43.092 englische Aufsätze und Übersetzungen aus dem Lateinischen.
Unvorstellbarer Papierberg
"6,43 Jahre meines Lebens habe ich nur korrigiert", sagt der Ruheständler. Das sei einfach unvorstellbar. Leute, die nie unterrichtet hätten, könnten sich das gar nicht vorstellen. Denn der Lehrer las die Zeilen nicht flüchtig, sondern jedes Wort genau. Umgerechnet auf DIN A4-Format macht das 89.580 Blatt Papier. Aufeinander gelegt ergibt das einen Stapel mit einer Höhe von 9,67 Meter - was aneinander gereiht 26,6 Kilometer entspricht. "Das ist genauso weit wie mein täglicher Schulweg", erzählt Pabel.
Besonders schlimm seien die Englisch-Abiturarbeiten gewesen. 4875 Schülern in 232 Klassen erklärte Lehrer Pabel, wie die Vergangenheitsformen "Present Perfect" und "Imperfect" zu unterscheiden sind und wann sie verwendet werden. 363 von ihnen führte er zum Abitur.
Manche Schüler kann Pabel aber bis heute nicht vergessen - wie Elisa, eine Bosnierin. Weil ihre Eltern im Krieg in Bosnien-Herzegowina ums Leben kamen, lebte die 17-Jährige in Deutschland in einem Heim. Als sie in Pabels Klasse kam, nahm er sich viel Zeit, um ihr den Unterrichtsstoff zu erklären. Elisa wurde seine beste Schülerin und macht im kommenden Jahr ihr Abitur.
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