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ELITE-UNIVERSITÄTEN
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Die Herkunft entscheidet
Du bist jung, schlau und tüchtig, aber dein Papa ist ein kleiner Angestellter und deine Mama sitzt nachmittags an der Supermarktkasse. Tja, Pech gehabt. Sieht ganz nach einer Minikarriere aus. Vielleicht stellvertretender Abteilungsleiter. Bestenfalls.
Du bist nur mittelmäßig begabt und durchschnittlich fleißig. Dafür haben deine Eltern richtig Kohle. Herzlichen Glückwunsch, Zukunft gebongt. Willkommen in der Chefetage. - Nein, es geht nicht um das ungerechte Amerika, sondern um die Wirklichkeit im kuscheligen Deutschland. Soziologische Studien der vergangenen Jahre kommen übereinstimmend zu dem
Ergebnis: In kaum einer anderen Industrienation ist die Herkunft so entscheidend für Bildung und Aufstiegschancen junger Menschen. Du wirst, was deine Eltern sind.
Das beginnt in der Schule. Die Pisa-Studie hat gezeigt: Nirgendwo ist der Bildungsstand der Eltern so wichtig für die schulischen Leistungen der Kinder wie in Deutschland. An der Universität setzt es sich fort. Der Anteil von Studenten, deren Eltern Akademiker sind, nimmt sogar stetig zu. Und nach dem Studium schafft es der Nachwuchs aus privilegierten Schichten etwa doppelt so häufig in Toppositionen wie der Nachwuchs aus einfachen Verhältnissen - bei gleicher Qualifikation. Je weiter nach oben man schaut, desto eindeutiger wird das Ergebnis. Am Ende stehen die Vorstandsvorsitzenden der 100 größten deutschen Unternehmen. Die stammen zu fast 90 Prozent aus der Oberschicht.
Dabei haben sich doch alle so viel Mühe gegeben. Chancengleichheit war das oberste, nein, das eigentliche Ziel der Bildungsreformen der siebziger Jahre. Es war das große Projekt der gesamten Gesellschaft. Doch dieselben Mechanismen, die zu mehr Gleichheit führen sollten, haben die Ungleichheit nur betoniert. Statt die Chancengleichheit zu vergrößern, sind wir auf dem Weg zu einer neuen Klassengesellschaft.
Und das alles wegen eines bösen Wortes: Elite. Weil im Faschismus Adel und Kirche, politische, militärische und ökonomische Eliten versagten, war den Deutschen Elite als solche suspekt. Für die 68er war das Establishment der Feind schlechthin. Das neue Ideal war die Gleichheit, das Ziel die »nivellierte«, eingeebnete Mittelstandsgesellschaft ohne Eliten. Wie naiv.
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