Forderungspapier der GÖD an die Politik vom 17.10.2002

Forderungspapier
der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst

Die hervorragenden Leistungen des Öffentlichen Dienstes in Österreich sind national sowie international anerkannt und tragen sehr wesentlich zur Sicherung der Rechtsstaatlichkeit bei. Alle Bürgerinnen und Bürger können sich auf einen objektiven, den Gesetzen der Republik Österreich verpflichteten Normenvollzug verlassen. Ein wesentliches Charakteristikum eines Wohlfahrtsstaates ist der freie Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen und ihre grundsätzliche Gebührenfreiheit, insbesondere in den Bereichen Gesundheit, Soziales, Bildung und Sicherheit. Hohe Professionalität im Verwaltungshandeln und der für alle leistbare Zugang zu den öffentlichen Dienstleistungen haben den Wirtschaftsstandort Österreich nachhaltig gestärkt.

Für diese herzeigbaren Leistungsstandards sind bestens ausgebildete und hochmotivierte öffentlich Bedienstete verantwortlich. Damit diese Leistungen weiterhin auf so hohem Niveau erbracht werden können, sind spezielle Rahmenbedingungen erforderlich.

Um diese für Österreich so gewinnbringende Funktionalität des Öffentlichen Dienstes weiterhin aufrechterhalten zu können, fordert die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst ein klares Bekenntnis der Politik zu nachfolgenden
Positionen:

Gelebte Sozialpartnerschaft als Fundament der Weiterentwicklung

Die hohe Problemlösungskompetenz der Sozialpartner auf dem Verhandlungstisch hat Österreich zu einem der reichsten Staaten dieser Erde gemacht. Gelebte Sozialpartnerschaft bedeutet Stabilität, Kontinuität und konstruktive Suche nach einer, für alle tragbaren, Lösung. Nur der gemeinsam beschrittene Weg kann eine erfolgreiche Strategie für Österreich sein.

Die Einbindung der Betroffenen muss an oberster Stelle jedes Modernisierungsschrittes stehen und zwar schon in der Planungsphase. Damit soll die Sinnhaftigkeit und letztendlich die innere Akzeptanz von Modernisierungsschritten sichergestellt werden.

Daher dürfen sich künftige Reformen nicht nur nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten orientieren, sondern müssen auch an der Verträglichkeit mit Dienstnehmerinteressen und damit an der Akzeptanz von Gewerkschaft und Personalvertretung ausgerichtet sein. Reformen, bei denen dies nicht zutrifft, sind zu stoppen und neu zu verhandeln.

Erhalt des eigenständigen Dienstrechtes

Die spezielle Aufgabe des Öffentlichen Dienstes für das Gemeinwohl aller Bürgerinnen und Bürger da zu sein und Spitzenqualität zu produzieren, erfordert Rahmenbedingungen, die objektives und politisch unbeeinflusstes, rechtsstaatliches Handeln ermöglichen. Diese Rahmenbedingungen werden durch ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis samt Unkündbarstellung (funktionell am Gebot der Rechtsstaatlichkeit orientiert) sowie ein vertragliches Dienstverhältnis samt besonderem Kündigungsschutz gewährleistet. Diese Grundpfeiler einer funktionierenden Rechtsstaatlichkeit sind aufrecht zu erhalten.

In diesem Zusammenhang wird die Verantwortung und Schutzfunktion, die ein das Gemeinwohl realisierender öffentlicher Dienstgeber gegenüber seinen Bediensteten wahrzunehmen hat, nachdrücklich eingefordert.

Ausgliederungs- und Privatisierungsstop

Schon alleine Vernunftgründe gebieten es, alle bisherigen Ausgliederungen und Privatisierungen einer genauen Evaluierung zu unterziehen. Ausgliederungen können nur dann gerechtfertigt sein, wenn sie zu einer besseren Leistung für die Bevölkerung führen. Auch der Rechnungshof hat seit 1992 immer wieder erkannt, dass Ausgliederungen keinen Wert an sich darstellen, sondern oft zur Budgetkosmetik oder gar zur Budgetbelastung verkommen.



Ausgliederungen, die einer Evaluierung nach den Gesichtspunkten der "optimalen Leistungserbringung für die Bürger", von "akzeptablen Arbeitsbedingungen für die Leistungserbringer" und "budgetären Notwendigkeiten" nicht standhalten, sind in den Öffentlichen Dienst rückzuführen. Dabei muss die Prüfung von Ausgliederungsgesetzen nach Qualitätsmängeln in der Absicherung der Arbeitnehmer Priorität haben.

Sicherheit und Schutz für die Bürger

Österreich ist eines der sichersten Länder dieser Erde. So soll es auch bleiben. Ein weiterer Personalabbau im Bereich der Sicherheitsexekutive wird strikt abgelehnt. Öffentliche Sicherheit muss auch weiterhin und ausschließlich von der öffentlichen Hand geleistet werden.

Absicherung des Pensionsstandards für öffentlich Bedienstete

Tragende Säule der Alterssicherung soll weiterhin das Umlageverfahren und die staatliche Finanzierungsgarantie direkt aus dem Budget sein. Allenfalls notwendige Reformen dürfen nicht kurzfristig erfolgen, sondern müssen entsprechend dem Vertrauensgrundsatz unter Bedachtnahme auf die Altersstrukturen und unterschiedlichen Auswirkungen einzelner Pensionsrechte langfristig angesetzt werden. Darüber hinaus sollen künftige Pensionen durch kapitalgedeckte Systeme ergänzt werden. Für alle öffentlich Bediensteten soll der Dienstgeber auch Beiträge in Pensionskassen leisten. Dabei muss der Dienstgeberbeitrag ein Niveau erreichen, das eine zufriedenstellende Altersversorgung für die Zukunft ermöglicht. Grundlage für die Berechnungen muss die derzeitige Gesamtlebensverdienstsumme sein, die nicht geschmälert werden darf.

Leistungsbezogene Bezahlung

Die Einkommensstrukturen im Öffentlichen Dienst müssen den tatsächlichen Anforderungen an die öffentlich Bediensteten angepasst werden. Dabei stellt eine leistungsbezogene Bezahlung die Grundlage für die Akzeptanz nach innen und nach außen dar. Richtschnur soll die bisherige Lebensverdienstsumme sein, deren Verteilung neu gestaltet werden muss.

Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Der öffentliche Dienstgeber sollte vorbildlich agieren und eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie forcieren. Dazu sind entsprechende Regelungen und Maßnahmen, wie z.B. der Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen, verbesserte Anrechnung von Kindererziehungszeiten, etc., erforderlich.

Bildung als Investition in die Menschen

Nicht nur im Innenverhältnis ist Aus- und Weiterbildung ein Garant für die Kompetenz des Öffentlichen Dienstes sondern auch das Bildungswesen an sich sichert eine positive Zukunft unseres Landes. Es gilt in diesen Bereichen, in gemeinsamer Zusammenarbeit mit den Lehrerinnen und Lehrern, das hohe Niveau weiterhin sicherzustellen, damit wir international konkurrenzfähig bleiben können.

Um sowohl den Bildungs- und Wirtschaftsstandort Österreich zu erhalten und zu stärken, als auch zur Festigung und Vertiefung demokratiepolitischer Werte sind Investitionen in Bildung und Erziehung unerlässlich.

Im Innenverhältnis des Öffentlichen Dienstes sind für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gute Ausbildungs- und damit Karrierechancen sicherzustellen. Eng damit verknüpft ist eine als Nachfolgerin der Verwaltungsakademie des Bundes zu schaffende Ausbildungsstätte, die sowohl den Aus- und Fortbildungsbedarf, als auch dessen Qualität sicherstellt.

Die politischen Parteien Österreichs sind aufgefordert, diese wichtigen Forderungen und Anliegen zu unterstützen und in ihre Programme aufzunehmen.



Fritz Neugebauer
Vorsitzender






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