Guten Abend!
Gestatten Sie mir doch eine kleine Stellungnahme zu unten angeführtem
Beitrag: je mehr man über den österreichischen ("großen"?) Horizont der Printmedien hinaus schaut, desto bestürzter ist man über das Niveau, auf dem hierzulande die Bildungsdiskussion geführt wird. Wie kann es sein, dass ein so genannter Erziehungswissenschaftler LehrerInnen, die ihre SchülerInnen zu selbstkritischen Menschen erziehen wollen und ihnen daher raten, den (kleinen) Teil des Prüfungs-/Schularbeitsstoffes, mit dem sie Schwierigkeiten haben, auf einen
(kleinen) Zettel zu notieren, vorwirft, sie "unterlaufen ihren Bildungsauftrag, der auch Erziehungsaufgaben zur Lebensbewältigung inkludiert"? Das Leben "bewältigt" man jedenfalls mit Wissen um seine Stärken, aber natürlich auch auch um seine Schwächen! Böswillig könnte man dem Erziehungswissenschaftler ein zumindest dubioses Bildungsziel unterstellen, wo er doch meint, schulische Leistung habe "eine andere Dimension als Intelligenz". Sind wir etwa wieder so weit, dass das (böswillig so genannte) Pauken des Unterrichtsstoffes die eigene intellektuelle / kreative Leistung der SchülerInnen ersetzen soll? Natürlich sind für den Erziehungswissenschaftler Schwendenwein die "Lehrer 'draußen'" die Schuldigen. Sie veranstalten in ihren (36er-) Klassen zu wenig "bedürfnisorientierte Übungsphasen", kaschieren fehlende Stoffvermittlung durch das Zugeständnis individueller Arbeitshilfen
(richtig: so nennt der Erziehungswissenschaftler die selbst gestalteten Arbeitszettel nicht).
Mir hat gut gefallen, was ein Sprachwissenschafter heute in der SZ zur Diskussion um Erzeihung heute beitrug:
"(...) es fehlt, was das Ganze zusammenhält: Es fehlt das Herzstück, es fehlt das Herz. Das Herzstück ist eine generöse Politik sprachlicher Erziehung, und das Herz ist das Herz: die Begeisterung, der Enthusiasmus oder meinetwegen auch die Verzweiflung."
Vergleichen Sie doch damit die Aussage des Wiener
Erziehungswissenschaftlers: "Daß ein öffentliches Bekennen von Lehrpersonen zur ,Schummelanimation' möglich ist, zeigt, wie mancherorts das österreichische Schulwesen verkommen ist."
Grüße sendet
Timo Davogg
Presse 22 10 02
http://www.diepresse.com/default.asp?channel=w&ressort=bi&id=317071
Scharfe Kritik an der "Animation zum Schummeln"
Werner Schwendenwein, Erziehungswissenschaftler an der Uni Wien, glaubt, daß der sogenannte Schummelzettel die Unzulänglichkeit der Lehrer vertuschen soll.
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WIEN (ewi). In den vergangenen Jahren wird ständig von Qualitätssicherung und Qualitätsverbesserung im Schulwesen gesprochen. Für Werner Schwendenwein, Erziehungswissenschaftler an der Uni Wien, ist der Vorschlag der Wiener Schulbehörde zur Einführung eines "Schummelzettels" geradezu konträr zu dieser Zielrichtung. "Daß ein öffentliches Bekennen von Lehrpersonen zur ,Schummelanimation' möglich ist, zeigt, wie mancherorts das österreichische Schulwesen verkommen ist."
Bei Schwendenwein absolviert ein Teil der künftigen AHS-Lehrer die pädagogische Uni-Ausbildung. Einen seiner Forschungsschwerpunkte legt der Uni-Professor auf die didaktische Verarbeitung neuer Informationen (des
Lehrstoffes) im Unterricht. Seinen Studenten predigt er den Einsatz von "bedürfnisorientierten Übungsphasen": Diese sind keine Schularbeiten, werden bei Bedarf wiederholt, zeigen aber vor allem dem Lehrer, wo bei den Schülern Schwächen vorhanden sind bzw. in welchem Stoffgebiet er seinen Vortrag ergänzen oder wiederholen muß.
Schwendenweins Verdacht: Lehrer kaschieren ihre unzureichende Stoffvermittlung mit dem Schummelzettel. Bei diesem kleinen Papier, das bei der Schularbeit benutzt werden kann, können Schüler zusätzliche Informationen aufschreiben. Lehrer, die ihre Vorbereitung durch den Schummelzettel ersetzen, "unterlaufen ihren Bildungsauftrag, der auch Erziehungsaufgaben zur Lebensbewältigung inkludiert".
Der sogenannte Schummelzettel erregt seit einem Monat die Gemüter. Eine Arbeitsgruppe im Stadtschulrat hat diesen Vorschlag, der freilich an manchen Schulen schon praktiziert wird, in ein Reformpapier aufgenommen, die Wiener Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl (SP) präsentierte das Konzept - und wurde deshalb von Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (VP) umgehend kritisiert.
"Machbare" Leistungen
Generell meint Schwendenwein, daß Schulleistung eine andere Dimension als Intelligenz sei "und somit weitgehend machbar ist". Allerdings werde das umfangreiche Repertoire an didaktischen Möglichkeiten gar nicht ausgeschöpft. Das Resume des Uni-Professors: "Schummeln oder eine ähnliche Vorgehensweise in Prüfungssituationen ist deplaziert und soll die fehlenden Verarbeitungsphasen ersetzen."
22.10.2002
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