Auf die Gefahr hin, Ketzerisches von mir zu geben, sage ich als Anglist Folgendes zu zwei Punkten aus Kollege Hofers Einwänden:

1. Die Erstellung von Klausurthemen ist keine große Sache. Wer dafür länger als 2-3 Stunden braucht, ist bloß schlecht organisiert. Zwei
Argumente:
a) Für die Erstellung einer Schularbeit kann man ja auch nicht jedesmal Tage verplempern, und eine Klausur ist auch nur eine Schularbeit
b) Neuerdings brauchen wir ja eh nur mehr eine Gruppe einzusenden

2. Wer die Spezialgebiete zu einer Heiligen Kuh macht, ist selber schuld. Schließlich wird der Kandidat geprüft und nicht der Lehrer. Daher braucht der Lehrer nicht alles zu wissen - auch nicht alles, was er prüft. (Das gilt natürlich nicht für die Kernfragen - den Stoff, den er selber im Unterricht macht.)
Ich beurteile bei den Spezialgebieten a)Aufbau = Organisation (d.h., was der Kandidat sagt, muß auch für jemanden verständlich sein, der mit dem Thema nicht vertraut ist), b) Eingehen auf Zwischenfragen meinerseits, c) natürlich Sprachrichtigkeit und d) inhaltliche Plausibilität, d.h., daß mir die sachliche Richtigkeit relativ gleichgültig ist. Wenn ein Kandidat z.B. die amerikanischen national parks als Spezialgebiet nimmt, dann ist es mir egal, ob er den Yosemite flächenmäßig doppelt oder halb so groß macht wie er wirklich ist. Wenn der Kandidat vif (oder faul?)ist, gibt er die Fläche sowieso in Quadratmeilen an, das kann dann kein Mensch mehr umrechnen, jedenfalls nicht während der Prüfung - oder er läßt sie überhaupt weg. Selbst wenn er den Yosemite in einen falschen Bundesstaat verlegt, ist das m. E. noch keine Tragödie, soferne es nicht gerade Texas, Florida oder Kalifornien ist - das wäre dann doch ein Verstoß gegen die Plausibilität.
Mir erscheint Plausibilität = Glaubwürdigkeit sowieso ein wichtigeres Lernziel zu sein als inhaltliche Korrektheit, jedenfalls bei Realienfragen in einer Fremdsprache. Das geschickte Eingehen auf Zwischenfragen, auch wenn sie einem unangenehm sind, gehört auch dazu. Jedes Fernseh- oder Radiointerview bestätigt diese meine Ansicht sogar für die Muttersprache.

Erich Wallner

P.S.: Den letzten Vergleich Toni Hofers 3x2 Chemie versus 1x23 Englisch habe ich in seiner Intention nicht verstanden.





-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Anton Hofer [mailto:anton.hofer@24speed.at]
Gesendet: Sonntag, 27. Oktober 2002 13:01
An: Erich Wallner; 'Reinhart Sellner'; 'Lehrerforum'
Betreff: Re: Maturaklassen

Zu Erich Wallners Überlegungen möchte ich zwei weitere Fragen
hinzufügen:

was bekommt eine Lehrkraft für die Erstellung der Aufgabenstellung für die schriftliche Reifeprüfung?

was bekommt eine Lehrkraft für die Betreuung eines Schülers/einer Schülerin mit Spezialgebiet?

Beide Fragen müssen bei der derzeitigen Reglung mit NULL beantwortet werden. So ist. es.

Unter diesen Bedingungen davon zu reden, dass >die derzeitige Regelung eher ein Fortschritt< ist, halte ich absolut nicht für leistungsgerecht. Bei der Klausurkorrektur kann ich ja meine Leistung der Bezahlung angleichen, aber bei der Erstellung der Klausurthemen nicht mehr, sonst gäbe es keine Klausur. Bei der Bearbeitung der Spezialgebiete verhält es ähnlich. Da käme ich mit den Dienstpflichten in Konflikt.

Also: Reform, ja bitte, aber nicht vom Regen in die Traufe.

Und zum Schluss noch, einfach zum Nachdenken:
wie viel bekäme der erwähnte Chemielehrer bezahlt, wenn er in drei Parallelklassen je zwei KandidatInnen hat? Und vergleichen Sie das z.B. bitte mit seiner Anglistik-Kollegin, der in einer einzigen Klasse 23 KandidatInnen hat. Der Vergleich macht Sie sehr unsicher. Toni Hofer, BRG Steyr




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