Ich sag es bewusst einfach und in der Sprache eines Liedermachers, der vor Jahren textete: "es is net all´s ans, ob du a Geld hast oder kans" - gerade in Zeiten von Studiengebühren.
Es muss Ziel des Staates sein, faire Chancen für alle zu sichern. Jede Kostenbeteiligung an Schulbüchern, jeder Beitrag zu einer Nachmittagsbetreuung ist daher vom Prinzip her abzulehnen. "Es is net all´s ans", ob Eltern ihren Kindern selber helfen können oder auf fremde Hilfe angewiesen sind, ob diese Hilfe in Form von Förderkursen (die eigentlich Stützkurse heißen müssten) zur Verfügung gestellt werden oder nicht. Für Anspruchsvollere verweise ich auf die Statistiken, die besagen, wie groß der Anteil von Kindern mit Eltern niederer Einkommen ist, die ein Studium beginnen / abschließen ... Darum geht es!
Das finnnische Schulsystem ist natürlich kein Allheilmittel. Jede Kopie kann immer nur schlechter sein als das Original. In Wahrheit geht es manchen darum, sich in einer Scheindebatte übers "finnische System" ideologisch zu verschanzen. Und mit dem "Suomi-System" die eigene Grundannahme zu bestätigen. Daher ist es besser und ehrlicher, wenn wir eine österreichische Diskussion führen. Und sagen, dass die Volksschule natürlich eine Gesamtschule ist, was denn sonst? Aber ich kann nirgendwo erkennen, dass es in Österreich Bestrebungen gibt, das Klassenlehrersystem der VS über die 4.Schulstufe hinaus zu verlängern (wie in Finnland). Es geht, meiner Wahrnehmung nach, einzig und allein um die Frage der Durchlässigkeit unseres Schulsystems, ob nach der 4.Kl.VS unbedingt die Schullaufbahn mit der AHS weitergehen muss, oder ob auch die Pflichtschule und ORG zur Matura führen können / sollen, ob beide Wege gleich viel Chancen bieten. Ich hab mich von Koll. Wallner überzeugen lasssen, dass diese Frage von Bundesland zu Bundesland doch auch recht unterschiedlich zu beantworten ist.
Vorwahlzeiten sind deshalb aus meiner Sicht auch anstrengend, weil in manchen Diskussionen nur Verdächtigungen und Gerüchte ausgestreut werden. Nach dem Motto "Die Roten wollen die Eintopfschule" - Das Gegenteil davon ist wahr. Mehr Differenzierung, mehr Angebote, Module in der AHS-Oberstufe. Aber für manche ist Wahlkampf, wenn bewusst absurde Gerüchte ausgestreut werden, um von eigener Verweigerung zu substanziellen Verbesserungen abzulenken. Ich bin sehr dafür, die Errungenschaften unseres Schulsystems beizubehalten u n d behutsam Neues zu erproben (daher mehr Schulversuche! - hier haben wir einige verlorene Jahre erst mal wieder aufzuholen!). Aber dass wir für grundlegende Verbesserungen unbedingt die 2/3 Mehrheit brauchen, sehe ich nicht ein. Eine konservative Verhinderungsstrategie wäre wohl das Letzte, was Österreich brauchen kann. Aber trotzdem ein Danke an Koll. Zwickl für diesen Hinweis, vielleicht hilft dieser noch manchem Unentschlossenen bei der Wahlentscheidung.
Günter Wittek
----- Original Message -----
From: Josef Zwickl
To: Dieter BROSZ ; lehrerforum@ccc.at
Sent: Wednesday, October 30, 2002 7:34 PM
Subject: LF: Re: aktuelle Aussendung
Wieso um Gottes Willen, sollen unsere Schüler keine Chancengleichheit haben? Man verzeih mir, aber solch einen Unsinn habe ich lange nicht gehört. Das Allheilmittel im finnischen Schulsystem zu suchen, halte ich für nicht richtig, denn große Teile davon werden auch in jenen Ländern angewendet, die in der PISA-Studie eher mager abgeschnitten haben. Es ist mehr als durchsichtig, wenn in Vorwahlzeiten plötzlich alles an unserer guten Schule schlecht sein sollte. Denken wir über weitere Verbesserungen nach ohne die Errungenschaften unseres Schulsystems aufzugeben. Gut, dass für gravierende Änderungen im Schulbereich 2/3 Mehrheit erforderlich ist. MfG Josef Zwickl
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