31.10.2002  16 : 24 Uhr

Europäischer Menschengerichtshof verurteilt Österreich

Brüssel/Straßburg - Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Österreich wegen der Ausweisung eines türkischen Bürgers im Jahr 1997 verurteilt. Die Richter entschieden nach Angaben des Gerichts am Donnerstag in Straßburg einstimmig, dass damit das Recht auf Achtung des Familienlebens verletzt wurde. Dem Kläger Mehmet Yildiz wurde eine Zahlung von 8.000 Euro für seine Rechtskosten zuerkannt.

Details der Causa

Yildiz kam 1989 im Alter von 14 Jahren zu seinen Eltern und Geschwistern nach Österreich. Im März 1997 heiratete er nach österreichischem Recht, im August 1995 wurde seine Tochter geboren. Yildiz wurde noch als Jugendlicher zwischen 1992 und 1994 wegen Diebstahls und Verstößen gegen die Verkehrsordnung mehrfach verurteilt. Wegen der Geringfügigkeit der Vergehen fielen die Strafen klein aus. Dennoch verhängte die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn im September 1994 ein Aufenthaltsverbot über ihn. Nachdem seine Beschwerde abgewiesen worden war, wurde er im Mai 1995 in Schubhaft genommen. Yildiz rief den Verwaltungsgerichtshof an und erklärte, dass sein Recht auf Achtung des
Privat- und Familienlebens (Artikel 8 Europäische
Menschenrechtskonvention) sowie bestehende Verträge zwischen Österreich und der Türkei verletzt worden seien.

Behörden seien nicht angemessen vorgegangen

Das Gericht wies die Klage ab, am 1. Juli 1997 verließ er Österreich. Seither lebt er wieder in der Türkei. Die Ehe mit seiner Frau Güler wurde im März 2001 geschieden. Gemeinsam erklärten Mehmet und Güler Yildiz vor dem Menschenrechtsgerichtshof, dass das Aufenthaltsverbot eine "unverhältnismäßige Bestrafung" darstellte, da Mehmet Yildiz alle seine familiären Bindungen in Österreich hat und hier nur zu geringfügigen Strafen wegen kleiner Vergehen verurteilte worden war. Das Gericht kam zu der Ansicht, dass die Vergehen von Yildiz zwar nicht vernachlässigbar waren, allerdings auch von den österreichischen Behörden als geringfügig angesehen worden seien, wie die kleinen Strafen bewiesen. Außerdem habe Yildiz seit April 1994 keine Gesetzesverstöße begangen. Die österreichischen Behörden seien daher nicht angemessen vorgegangen und haben sich nach Ansicht des Gerichts somit einer Verletzung des Artikels 8 schuldig gemacht.
apa/hp


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