Zwei Gedanken zu dem Beitrag Koll. Friebels:
1. " Und warum sollte man Pflichtgegenstände abschaffen und dadurch keine umfassende Allgemeinbildung mehr vermitteln?"
Daß der Entfall von Pflichtgegenständen keine Einbuße an Allgemeinbildung bedeutet, läßt sich leicht mit einem Vergleich der (noch aktuellen) Stundentafeln der unterschiedlichen AHS-Oberstufenformen belegen. Einfachstes Beispiel: Latein kommt in der Realgymnasium-Oberstufe nicht notwendigerweise vor. Sind die dortigen Maturanten deshalb nicht allgemein gebildet?
Umgekehrt: Darstellende Geometrie kommt im Gymnasium nicht vor - na und?
Musik und BE sind in den entsprechenden ORG-Formen Pflichtgegenstände in der 7. und 8. Klasse, nicht aber in Gymnasium und Realgymnasium - so what?
2. " Der vorliegende Entwurf zeigt, dass man ausreichende Freiräume für autonome Schwerpunktsetzungen schaffen kann, ohne dass man Pflichtgegenstände abschafft und Bewährtes demontiert."
Von den 24 Stunden ist ja nicht alles schulautonom, da sind auch die individuellen Wahlpflichtgegenstände der Schüler dabei. Man kann jetzt darüber diskutieren, ob der Teil, über den die Schule selber für die Gestaltung ihres Profils verfügt, viel oder wenig ist. Je nach Antwort ergeben sich für mich zwei Schlußfolgerungen:
a) Wenn ein deutlich neues Schulprofil im Rahmen der Autonomie zu erzielen ist, dann geht das auf Kosten dessen, was Koll. Friebel als "Bewährtes" bezeichnet - was er bewahren möchte. Man kann eben nicht alles auf einmal haben - das Altbewährte in vollem Umfang und dann noch etwas Neues als Sahnehäubchen obendrauf.
b) Wenn nur Kosmetik dabei herauskommt, dann erhebt sich natürlich die Frage, wozu man die Krot der (auch dann unumgänglichen) Verteilungskämpfe und Erschwernisse bei Schulwechsel überhaupt fressen soll.
Erich Wallner
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: owner-lehrerforum@ccc.at [mailto:owner-lehrerforum@ccc.at] Im Auftrag von Peter Friebel
Gesendet: Freitag, 8. November 2002 00:38
An: Lehrerforum
Betreff: Re: LF: 24 Stunden autonom
Der von Ministerin Gehrer zur Begutachtung versandte Verordnungsentwurf ist fast völlig identisch mit dem ÖVP-Entwurf, der im Frühjahr auch hier im Lehrerforum diskutiert wurde (enthält aber natürlich nur jene Punkte, die ohne Gesetzesänderung möglich sind, also die Oberstufe neu, nicht aber die Einführung von IKT in der 1. KLasse).
Das Ziel der Verordnung ist eine Fortsetzung der Autonomie von der Unterstufe in die Oberstufe [ ... ]
[ ... ] enthält der Entwurf aber keine Verringerung der Pflichtfächer und keine Abschaffung der Schulzweige (d.h. die Schultypen Gymnasium, Realgymnasium, wirtschaftskundliches Realgymnasium und Oberstufenrealgymnasium sowie alle Sonderformen, die in der Lehrplanverordnung vorkommen, bleiben erhalten).
Das halte ich auch für richtig:
Warum sollte man Zweige, die sich bewährt haben, abschaffen? Und warum sollte man Pflichtgegenstände abschaffen und dadurch keine umfassende Allgemeinbildung mehr vermitteln?
Der vorliegende Entwurf zeigt, dass man ausreichende Freiräume für autonome Schwerpunktsetzungen schaffen kann, ohne dass man Pflichtgegenstände abschafft und Bewährtes demontiert.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Friebel
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