Vielleicht haben einige heute im STANDARD die "Album"-Seiten gelesen. Gestaltet zusammen mit "Reporter ohne Grenzen". (am Gedenktag der Reichskristallnacht ist es sicher nicht falsch an die Menschen zu denken, die wegen ihrer Gesinnung verfolgt werden).
Der Kreml-Herr Putin nimmt den "Kampf gegen den Terrorismus" zum Vorwand, um mit Zustimmung der Volksvertretung die Meinungs- freiheit in Russland einzuschränken. Nach dem Motto: "Das Volk muss nicht alles wissen .."
Umso bemerkenswerter folgender Nachruf, ein Hauch von
Nostalgie kommt auf. Nicht nur, auch Zuversicht. Denn wer eine ehrliche Politik macht, braucht eine freie Presse nicht zu fürchten.
G.W.
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DER SPIEGEL 46/2002 - 11. November 2002
URL: http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,222196,00.html
Herzliche Freundschaft
VON MICHAIL GORBATSCHOW
Die Nachricht vom Tode Rudolf Augsteins versetzte mich in Trauer. Mein tief empfundenes Beileid gilt seinen Angehörigen und Freunden, der Leitung und allen Mitarbeitern der SPIEGEL-Redaktion. Rudolf Augstein ragte als Herausgeber, aber auch als Publizist aus seinem Umfeld heraus. Er war ein anerkannter politischer Denker, er war Analytiker und Geschichtsforscher. Sein Beitrag zum Werdegang eines neuen demokratischen Deutschland ist ohne Übertreibung als riesengroß zu bezeichnen. Ohne Rudolf Augstein, ohne den von ihm gegründeten und geprägten SPIEGEL, der zu einem der einflussreichsten politischen Magazine unserer Zeit geworden ist, würde die Bundesrepublik Deutschland heute bestimmt wesentlich anders aussehen.
Von Anfang an verband Rudolf und mich aufrichtige herzliche Freundschaft. Wir haben uns oft in Deutschland und in Russland getroffen und miteinander gesprochen. Nicht nur über Politik, auch über das Leben, über menschliche Schicksale. Auf seine Anregung meldete ich mich einige Male auf den Seiten des SPIEGEL zu Wort. Ich kann mich noch daran erinnern, mit wie viel Liebe und mit welchem Humor seine Kollegen und Freunde den 75. Geburtstag Rudolf Augsteins gefeiert haben. Jede Unterhaltung mit diesem äußerst scharfsinnigen Menschen war für seine Gesprächspartner eine Bereicherung. Zumindest von mir kann ich das mit absoluter Bestimmtheit sagen. Rudolf Augstein hat intensiv nach den Ursachen des Zweiten Weltkriegs geforscht und dessen Folgen offen gelegt. Er hat die ganze Kraft seines Verstandes dafür eingesetzt, einen stabilen Frieden in unserer Welt möglich zu machen. Besonders wichtig für mich: Mit regem Interesse und einer von Herzen kommenden Sympathie blickte Rudolf Augstein nach Russland. Er verfolgte die Geschehnisse in unserem Lande und scheute keine Anstrengung, den Menschen in Deutschland und in ganz Europa umfassendere Kenntnisse über Russland zu vermitteln, damit wir uns besser verstehen können. Er glaubte fest daran, dass die bessere Verständigung von Mensch zu Mensch ein Weg zu einer vernünftigen Weltordnung sein kann. Rudolf Augsteins Tod ist ein großer Verlust für Deutschland, für die Deutschen, für uns alle.
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