Re: Zusammenhang vermisst!
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Für Glaubwürdigkeit und Vertrauen gibt es doch gewisse Anhaltspunkte. Als Alfred Gusenbauer SPÖ-Vorsitzender geworden ist, war die finanzielle Situation der SPÖ sehr schlimm, sie war schlicht nicht mehr kreditwürdig. In den zweieinhalb Jahren ist es Gusenbauer und seinem Team gelungen - ganz nach dem Motto "wir sparen dort, wo es sinnvoll ist" - die finanzielle Situation der Partei bedeutend zu verbessern. Er hat die Partei auch wieder umgestaltet, indem er - ganz in der Tradition von Bruno Kreisky - viele Leute zur Mitarbeit eingeladen hat, indem er in der "SPÖ neu" ein Selbstwertbewusstsein der Mitarbeiter wieder hergestellt hat und auch moralische Werte wieder in den Vordergrund gerückt hat. Bevor er mit dem Slogan "weil der Mensch zählt" in die Öffentlichkeit gegangen ist, hat er versucht (und m.E. auch geschafft), dass diese Einstellung vielen Funktionären bereits bestens vertraut ist. Hingegen haben Leute, die sich ihre eigene Meinung im Dunstkreis von Frank Stronach bilden, nichts mehr zu sagen.

Wenn wir "politische Bildung" ernst nehmen, dann ist es wichtig anzusehen, wie Willensbildungs- und Entscheidungsvorgänge ablaufen. Und deshalb ist es wichtig festzuhalten, dass der langjährige Trend der Entpolitisierung in der SPÖ gestoppt wurde. Vorbei sind die Zeiten, als abgehobene Funktionäre machen konnten, was sie wollten und nicht zur Rechenschaft gezogen wurden. Gusenbauer hat den unschätzbaren Wert einer starken Mitgliederpartei erkannt, er weiss, dass er von der starken Basis zum Erfolg getragen wird. Im Gegensatz dazu hat Schröder die SPD zu einem simplen Kanzlerwahlverein degradiert, der leichtfertige Umgang mit Aussagen / Ankündigungen aus dem Wahlkampf jetzt ist die Folge der innerparteilich schwachen Struktur.

In Österreich stehen wir vor einer Richtungsentscheidung. Wer eine populistische Politik von oben herab will, die völlig unberechenbar und für viele Überraschungen "gut" ist, der wird von den immer mehr verschmelzenden Parteien ÖVP und FPÖ bedient. Hingegen stehen SPÖ und vermutlich auch Grüne für Angebote zur Mitarbeit, um sich außerhalb wie innerhalb nach Interessen zu organisieren und in solidarischen Prozessen - gemeinsam mit den Betroffenen - Politik zu gestalten. Je größer die Beteiligung, umso unumkehrbarer wird der Prozess, der bisher eingeleitet worden ist. Und umso sicherer können wir sein, nach dem Wahltag nicht enttäuscht zu werden. Aber eines soll auch klar sein, dass es deswegen am 24.November heißen wird "Jetzt geht´s los".

Günter Wittek


----- Original Message -----
From: Helmut Helmreich
To: lehrerforum@ccc.at
Sent: Sunday, November 10, 2002 6:37 PM
Subject: LF: Re: Zusammenhang vermisst!

Sg. Herr Wittek!

Objektivität ist wichtig - stimmt.

Ich habe aber bei keiner Partei bis jetzt erlebt, dass sie das hält was sie verspricht. Und das Argument "Wählt Gusenbauer - er hat bis jetzt kein Wahlversprechen gebrochen" wird auch nicht halten.



----- Original Message -----
From: "Günter Wittek"
To: "Lehrerforum"
Sent: Sunday, November 10, 2002 6:20 PM
Subject: LF: Zusammenhang vermisst!

Re: Re: Re: obwohl er alles abstritt!

Es ist nicht wichtig, dass wir "Wahlwerbung machen", diese Aussage ist richtig. Aber wir erwarten von unseren Schülern, dass sie mitdenken, wenn wir ihnen etwas sagen oder erklären. Nicht wahr?

Nun prasseln Wahlaussagen auf uns täglich nieder, und ich weiss nicht, ob es nur mir allein so geht, dass viele Menschen diesen Aussagen viel zu leichtgläubig gegenüber stehen. Mir imponiert, dass Gusenbauer immer wieder sagt: "Wir versprechen nur das, was wir nach der Wahl auch einlösen können." Ganz anders die ÖVP, die hat in ihrem Alpbacher Papier alle möglichen Gruppen mit lukrativen Versprechen bedacht. Auf der einen Seite soll das Budgetdefizit gering bleiben, anderseits haben viele Experten nachgerechnet, was diese Versprechen kosten würden, und sind dabei draufgekommen, dass die Einlösung dieser Versprechen das Budgetdefizit auf etwa 6 Prozent hochtreiben würde, also weit über das Maß, was durch die Maastricht- Kriterien erlaubt ist.

Wir wünschen uns doch alle Ernsthaftigkeit in der Politik. Viele von uns, auch im LF, ich erinnere an das Aktionskomitee Henriettenplatz, an das BRG 18, die UBG usw. haben Fragen an die Politiker gestellt und um Antworten gebeten. Wir wollen die Standpunkte der Parteien kennen, wir wollen Verlässlichkeit. Und ich erkenne in den Beispielen, die Koll. Till angeführt hat, dass bei ÖVP und FPÖ diese Verlässlichkeit und die Berechenbarkeit nicht anzutreffen ist.

Günter Wittek



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