DER STANDARD
Mittwoch, 13. November 2002, Seite 9

SPÖ will Schüler und deren Eltern entlasten

SPÖ will Schüler und deren Eltern entlasten Die Arbeitszeitbelastung der österreichischen Schüler sei untragbar, findet SPÖ-Bundes-geschäftsführerin Andrea Kuntzl. Sie will auch die Eltern von Schulsorgen entlasten. Kuntzl gilt als Ministerkandidatin für das Amt der Unterrichtsministerin.

Martina Salomon

Wien - Ihre Chancen, Unterrichtsministerin bei einer roten Regierungsbeteiligung zu werden, stehen nicht schlecht: Bundesgeschäftsführerin Andreas Kuntzls innerparteilicher Kurswert ist gegenüber Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl gestiegen. Kuntzl meint dazu im STANDARD-Interview lediglich, sie fühle sich "geehrt, im Gespräch zu sein". Konkreter wird die SP-Politikerin bei den Inhalten. "Ich halte die Arbeitszeitbelastung der Kinder für in weiten Bereichen untragbar. Die Kinder haben oft längere Arbeitszeiten als ihre Eltern. Das ist ein Punkt, den man unbedingt analysieren muss." In einer OECD-Studie nimmt Österreich bei der Zahl der Unterrichtsstunden der zwölf- bis 14-Jährigen den Spitzenplatz ein. Ein weiteres Problem sei, dass das österreichische Schulsystem darauf aufbaue, "dass die Eltern daheim den zweiten Lernschritt mit den Kindern vollziehen. Die Schule sollte ihrem Auftrag ganzheitlich nachkommen." In einer Ganztagsschule wäre dies am besten möglich. Auch bei der Ferienbetreuung in den Schulen ortet Kuntzl Nachholbedarf. "Man kann nicht zuschauen, wie immer mehr Eltern nacheinander mit den Kindern Urlaub machen müssen, und es den gemeinsamen Familienurlaub nicht mehr gibt. Die Gesamtschule - früher einer der ideologischen Kernpunkte sozialdemokratischer Bildungspolitik - ist nur mehr versteckt ein Thema. Man wolle "keine Eintopfschule", nimmt Kuntzl den ÖVP-Jargon auf, aber ein Schulsystem, in dem die Kinder differenziert gefördert werden. Ihr
Programm: keine Systemumstellung, aber eine Weiterentwicklung zu "hoher Durchlässigkeit" des Systems. Für "diskussionswürdig" hält sie die Notwendigkeit der Zweidrittelmehrheit für Schulgesetze im Parlament. Die SPÖ wünscht sich jedenfalls eine Trennung des Bildungsressorts. Für Wissenschaft und Technologie wurde Ex-TV-Moderator Josef Broukal in Stellung gebracht. Er hatte in einem Interview gemeint, Studiengebühren seien dann denkbar, wenn die Unis in einem besseren Zustand seien. Kuntzl ist vorsichtiger. "Der dringendste Schritt ist, die Universitäten zu einem hervorragenden Dienstleistungsbetrieb umzugestalten, wo die Studenten tatsächlich die Möglichkeit haben, in einem absehbaren Zeitraum das Studium zu absolvieren." Ihre Lieblingskoalition? "Eine, in der die SPÖ tonangebende Kraft ist." Rot-Grün? "Es gibt auch vernünftige Kräfte in der ÖVP. Denen möchte ich jetzt aber nicht schaden, indem ich Namen nenne."


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