Auf der Suche nach dem Kapiertrieb

Hirnforscher beweisen: Erkenntnis macht Lust, Lernen ist sexy. Nur in der Schule ist die Neurodidaktik noch nicht angekommen

Von Ulrich Schnabel

Lernen ist wie Sex. Sagt die Hirnforschung. Aber das glaubt natürlich keiner. Lernen gilt als saure Pflicht, öde und nervtötend. Dabei könnte nichts weiter von der Wirklichkeit entfernt sein: Erstens ist der Trieb nach Erkenntnis mit dem Sexualtrieb durchaus vergleichbar, woraus zweitens folgt, dass Lernen sexy ist, was drittens erklärt, warum unser Gehirn nichts lieber tut als eben das: lernen.

Aber die Pisa-Studie, der Schulfrust, die Bildungsmisere? Kommen später. Zunächst einmal zeichnet sich Homo sapiens vor allen anderen Spezies durch eine besondere Fähigkeit aus: seine fast unendliche Lernfähigkeit. Erst der Drang, immer Neues zu entdecken, zu verstehen und aus Fehlern zu lernen, verhalf unserer Gattung zu ihrem evolutionären Siegeszug auf diesem Planeten.

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http://www.zeit.de/2002/48/Lernen_Aufmacher

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Klug wie die kleine Lokomotive

Ohne Motivation geht beim Lernen nichts. Aber wie entsteht sie? Was bremst sie? Ein Gespräch mit dem Motivationspsychologen Jürgen Beckmann

ZEIT: Der jüngst verstorbene Physiker und Begründer der Kybernetik, Heinz von Foerster, hatte als Kind größte Mühe mit der Mathematik – bis ihm ein Nachhilfelehrer mathematische Beziehungen gleichsam vorspielte. Plötzlich war das Kind hoch motiviert, mit langfristigem Erfolg, wie die Biografie zeigt. Wie entsteht solche Motivation?

Jürgen Beckmann: Im Gehirn, in den basalen Strukturen des limbischen Systems, sind bei jedem Menschen emotionale Reaktionen verankert. Sie werden mit jenen Erfahrungen in Verbindung gebracht, die wir im Gehirn abspeichern. Erst dadurch wird es möglich, instinkthaftes Verhalten durch Lernprozesse abzulösen. Zwei grundlegende Reaktionen sind dabei Neugier und Angst, das Aufsuchen und das Meiden bestimmter Erfahrungen. Die Neugier ist als Triebkraft vom Beginn des Lebens an vorhanden und umso stärker, je höher ein Lebewesen entwickelt ist. Um uns wohlzufühlen, suchen wir also nach Stimulationen.

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http://www.zeit.de/2002/48/Lernen-Motivation

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Forscherdrang im Kinderwagen

Am Talaris-Institut im amerikanischen Seattle wollen Neurobiologen, Psychologen, Pädagogen und IT-Experten die Talente von Neugeborenen und Kleinkindern erkunden

Von Donata Elschenbroich



© Niels Schröder
Vor vier Jahren wurde der amerikanische Molekularbiologe John Medina eingeladen, vor den Gouverneuren der US-Bundesstaaten zu referieren. Welche Konsequenzen hat die neue Hirnforschung für Erziehung und Bildung von Kindern? war die Frage. „Das wird ein kurzes Referat, zehn Sekunden lang“, antwortete Medina. Es sei zu früh, über solche Konsequenzen zu sprechen. Doch die Gouverneure blieben hartnäckig: „Bitte fantasieren Sie, denken Sie an Ihre eigenen Kinder.“

Da äußerte Medina einen Wunsch: Um die Lernfähigkeit des kindlichen Gehirns zu erforschen und für Erzieher nutzbar zu machen, brauche man eine gemeinsame Anstrengung von Neurobiologen, Genforschern und Entwicklungspsychologen, die Familien, Kindergärten und Schulklassen beobachteten und ihre Ergebnisse mit Pädagogen und Computerwissenschaftlern diskutieren. Außerdem müsse man Wissenschaftsjournalisten einbinden, um das Wissen für Eltern, Lehrer und Erzieherinnen richtig aufzubereiten. Kurz: Was Not tue, meinte Medina, sei ein neues Forschungs- und Aufklärungskonzept.

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Die späte Lust am Lernen

Bei alten Menschen schwindet die rasche Auffassungsgabe. Dafür wächst die Weisheit

Von Sabine Etzold

Ein Berufsleben lang hat Hildegard Bauer (Name geändert) als Realschullehrerin Sprachen unterrichtet. Doch kaum hatte sie mit 60 Jahren ihre Pensionierung durch, meldete sie sich selbst bei einer Sprachschule zu zwei Kursen an. Statt weiter Englisch und Französisch zu lehren, lernt sie nun Russisch und Chinesisch. „Selbst lernen macht mehr Spaß, als zu unterrichten“, sagt sie, „weil man für sich was gewinnt, während man im Unterricht nur weitergibt, was man schon weiß.“

Das Lernen als Lustprinzip entdecken viele Menschen erst im Alter, in der (Früh-)Rente. Endlich Zeit haben für das, was man immer schon tun wollte: philosophieren, fremde Kulturen und Sprachen studieren, ein Instrument lernen. Der Lerneifer der Senioren lässt Fort- und Weiterbildungsangebote florieren und macht auch vor den Universitäten nicht halt. Etwa 25000 Senior-Studenten bevölkern derzeit die ohnehin überfüllten Hörsäle. Nicht selten kommt es zu Generationskonflikten um knappe Bildungsressourcen: Was will der Alte hier? Hat doch längst ausgesorgt, nimmt uns den Platz weg und ist sowieso zu senil, um was zu kapieren!

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