-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: owner-lehrerforum@ccc.at [mailto:owner-lehrerforum@ccc.at] Im Auftrag von Peter Friebel
Gesendet: Samstag, 23. November 2002 15:18
An: 'Lehrerforum'
Betreff: Re: LF: FPÖ-Schulpolitik setzt sich durch!

Lieber Kollege Wallner!

Erich Wallner schrieb:
>
> In der November-Nummer der „AHS“ werden auf den Seiten 176 - 179 die
> vier Bildungssprecher der Parlamentsparteien zu diversen Fragen der
> Schulpolitik befragt. Die 5. Frage bezieht sich auf die
> Weiterentwicklung der AHS-Oberstufe. Darauf antwortet der
freiheitliche
> Bildungssprecher R. Schender:
> ...
> Wenn ich mir nun die Novembernummer der "ÖPU-News Niederösterreich"
> ansehe, die ganz unter dem Motto "Oberstufenreforom 2004" steht, so
> finde ich die FPÖ-Forderungen vollinhaltlich verwirklicht: Je nach
> Oberstufen-Form gibt es 19 bis 24 Wochenstunden schul- bzw.
> schülerautonom zu verteilen, und es verbleibt ein "Grundstock an
> Fixfächern", wie von R. Schender gefordert.
>
> Während die ÖVP also wieder einmal mit der SPÖ über die Gesamtschule
> gestritten hat, hat die FPÖ heimlich, still und leise als lachender
> Dritter ihre Forderungen zu 100% umgesetzt.



Nein, das ist eine völlig falsche Interpretation.

Hier hat nicht die FPÖ ihr Modell durchgebracht. Vielmehr hat der FPÖ-Bildungssprecher, der ja diese Funktion noch nicht lange ausübt und offenbar noch keine eigenen Vorstellungen zur Oberstufe der AHS entwickelt hat, aus dem von Gehrer zur Begutachtung versandten Verordnungstext exzerpiert und versucht jetzt, das als FPÖ-Modell zu
verkaufen:

In das vorliegende Modell der Oberstufe neu sind viele Vorstellungen eingeflossen, die in der ÖPU erarbeitet wurden. Die ÖVP hat diese Vorstellungen weitgehend übernommen und im vergangenen Frühjahr als ÖVP-Modell präsentiert. Auf der Website der ÖPU sind die Grundzüge dieses Modells seit vielen Monaten abrufbar.

Im Sommer liefen Verhandlungen über Schulthemen (u.a. auch zur Oberstufe
neu) zwischen den Parteien.
Da bei diesen Verhandlungen nichts weitergegangen ist, soll jetzt jener Teil der Reform, für den keine Änderung des Gesetzes nötig ist, nämlich die Oberstufe neu - also die Fortsetzung der Autonomie von der Unterstufe in die Oberstufe mit dem Hauptziel, bewährte Schulversuche schulautonom in das Regelschulwesen übernehmen zu können - vom BMBWK durch eine Änderung der Lehrplanverordnung umgesetzt werden.

Es freut mich, dass das vorliegende Modell, das von vielen Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich darüber diskutiert habe, gut geheißen wird, offenbar auch den Bildungssprecher der FPÖ überzeugt hat. Schließlich hat auch die SPÖ dieses Modell schon vor ein paar Monaten als (ihrer Meinung nach zu kleinen) Schritt in die richtige Richtung bezeichnet. Aber aus der Tatsache, dass jetzt auch die FPÖ in der Beantwortung einer Frage dasselbe vertritt, was die ÖPU seit vielen Monaten auf ihrer Website stehen hat, die ÖVP vor vielen Monaten präsentiert hat und Gehrer vor ein paar Wochen als Verordnugsentwurf zur Begutachtung versandt hat, zu schließen, das Modell stamme von der FPÖ, ist absurd.

Mit freundlichen Grüßen
Peter Friebel




Kollege Friebel hat in der Sache natürlich Recht und wird mir hoffentlich verzeihen, daß ich ihn zu einer Stellungnahme genötigt habe.
Mein Beitrag war ironisch gemeint - ich wollte mit der gewählten Form des Syllogismus zum Ausdruck bringen, daß etwas an den Prämissen nicht stimmen kann, wenn die Conclusio falsch ist. Deshalb habe ich auch beide Prämissen (erschöpfend) zitiert.
Dies sollte mein persönlicher Kommentar zu der momentan laufenden LF-Diskussion über die Absenz der Bildungspolitik im aktuellen politischen Diskurs sein.
Da man Ironie nur in HTML kursiv drucken kann, und Kollege Adam nicht einmal den Syllogismus erkannt hat, also mit dem Holzhammer:

Wir sollten uns nicht darüber wundern, daß die Parteivorsitzenden kein Wort zur Bildungspolitik verlieren, wenn nicht einmal ihre Bildungssprecher imstande sind, etwas Vernünftiges auszusagen.
In der "AHS 8/2002" schafft es der ÖVP-Bildungssprecher nicht, den von Koll. Friebel oben ausgeführten Sachverhalt auch nur anzudeuten, obwohl ausdrücklich nach der Weiterentwicklung der AHS-Oberstufe gefragt war.
Der FP-Sprecher schmückt sich (nach Koll. Friebel) überhaupt mit fremden Federn.
Der SPÖ-Sprecher fordert eine höhere Durchlässigkeit zwischen AHS und BHS (als ob es eines unserer dringendsten Probleme wäre, daß ein HAK-Schüler nicht mehr an die AHS zurückfindet - umgekehrt ist es noch unnötiger wegen der Kollegs; aber vielleicht träumt man ja in der SPÖ bereits von der Gesamtschule auch in der Oberstufe?).
Der Grüne Bildungssprecher will wiederum die Wahlmöglichkeiten ausweiten, wobei aber nicht klar ist, ob er das im Vergleich zum aktuell gültigen (dann wäre seine Forderung überholt) oder zum kommenden ÖVP-Modell (dann müßte er erklären, wie das organisatorisch gehen soll) meint.

Im Übrigen fällt auf, daß nicht nur die Parteivorsitzenden, sondern auch alle vier Bildungssprecher männlichen Geschlechts sind, obwohl das Schulwesen weiblich dominiert ist ...
Allerdings läßt sich eine parallele Tendenz auch im LF nicht verleugnen ...

Erich Wallner

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