Das Grundproblem, weswegen ich auch antwortete, war doch, ob ein Professorenkind leichter in die AHS kommt als ein Arbeiterkind. Ich behauptete, und bleibe auch dabei, dass eine Feststellung wie diese einfach nicht stimmt. Selbst wenn ein armes Bauernkind vom enlegensten Teil Österreichs in die erste Klasse Gymnasium möchte, kann es das tun. Es bekommt eine Schülerfreifahrt und auch die Schulbücher. Mir ist nichts bekannt, dass in der AHS-Unterstufe die Schulbuchaktion nicht alle Lehrbücher abdeckt. Wenn man für dieses Thema den alten Klassenkampf strapaziert, ist das völlig falsch am Platz. Wenn ein Schüler nach der 4. Klasse AHS oder HS zur Reifeprüfung gehen kann und will, ist das ebenso unabhängig davon, von welchem Haus er kommt. Natürlich gibt es Familien, die nicht darauf verzichten können, dass die Tochter oder der Sohn nach Vollendung der Pflichtschule einen eigenen Verdienst hat. Das könnte man aber nur dadurch ändern, dass auch Schüler ein Gehalt bekommen. Das wäre aber schon etwas illusorisch. Freier Kindergarten: Vielleicht kennt Koll. Wittek nicht die Situation ausserhalb Wiens. Der Kindergartenbesuch ist nur im roten Wien kostenpflichtig! Meine drei Kinder besuchten alle kostenlos einen NÖ-Landeskindergarten.
Universität: Ich bezahle natürlich die Studiengebühren für meine Tochter auch nicht gerne, aber wenn ich daran denke, dass die Arbeiter, die Bauern u.a. die Studienkosten meiner Tochter zur Gänze übernehmen sollten, gefällt mir das auch nicht. Ich sehe meinen Beitrag als Solidaropfer und hoffe, dass die Studiengebühren den Universitäten zu Gute kommen, da ich bei deren Ausstattung noch immer massive Mängel orte. Würde mein Einkommen nicht hoch genug sein (es ist eh viel zu niedrig), hätten wir natürlich auch Anspruch auf eine Studienbeihilfe. Also was soll auch hier Ihre Argumentation? Klar hätte jeder alles gerne gratis. Man sollte aber bedenken, dass der Staat mit jeder Leistung, die er erbringen muss, auch zusätzliche Einnahmen benötigt. Und die kommen von uns, Koll. Wittek! Vielleicht verstehen die blauschwarzen Köpfe viel mehr als Sie glauben. Jedenfalls glaubt keiner von denen, dass das Geld am Baum wächst und beim Runterfallen Zinsen bringt.Ich glaube, dass auch die letzten NR-Wahlen deutlich gezeigt haben, dass diese Nachhaltigkeit in der Finanzpolitik mit der Reduktion von Staatsleistungen und kleinen Eigenbeteiligungen von der Mehrheit der Bevölkerung sehr wohl verstanden wurde. Wir müssen uns in all unserem Tun doch auch Gedanken machen, ob die Gesundheitsversorgung und die Pensionen in ferner Zukunft noch finanzierbar sein werden. Ich verstehe daher das Gejammere von sozialer Kälte wirklich nur als (legitimen) Wahlkampfslogan einer Oppositionspartei. Mit der Realität hat es sicher wenig zu tun. Mir ist natürlich klar, dass auch noch so deutliche Darlegungen Hrn. Koll. Wittek nicht von seiner Ideologie abbringen können, aber vielleicht gelingt es doch ein wenig das Verständnis für blauschwarze Köpfe und deren Gedanken zu schaffen. MfG Josef Zwickl
----- Original Message -----
From: "Günter Wittek"
To: "Lehrerforum"
Sent: Thursday, December 05, 2002 8:08 PM
Subject: LF: Re: ZEIT: Gesamtschule, aber ohne alte Ideologie
>
> Völliges Missverständnis, Koll. Zwickl -
> es geht nicht um irgendeinen Stammbaum, sondern schlicht und einfach
> darum, "obs´d a Göld hast oda kans". Ewiggestrig, um im Jargon zu
> bleiben, ist eine Politik, die soziale Chancen und den Zugang zur
> Bildung danach verteilen möchte, wie dick die Brieftasche der Eltern
> ist. Daher geht es um freien Zugang zur Bildung. Angefangen vom
> Kindergartenplatz, um Schulen ohne Kostenbeteiligung für Schulbücher
> oder Nachmittagsbetreuung bis hin zur Uni ohne Studiengebühr. -
> Weil wir nicht reich genug sind, um auf menschliche Ressourcen zu
> verzichten.
> Wann endlich werden das schwarzblaue Köpfe je verstehn?
>
> Günter Wittek
>
>
> ----- Original Message -----
> From: Josef Zwickl
> To: Timo Davogg ; Lehrerforum
> Sent: Thursday, December 05, 2002 6:55 PM
> Subject: LF: Re: ZEIT: Gesamtschule, aber ohne alte Ideologie
>
> Das kann doch nur ein Scherz sein! "Ein Professorenkind kommt dreimal
> so leicht ins Gymnasium als ein Arbeiterkind". Klassenkämpferischer
> geht es
ja
> nicht mehr!
> Ich kann mich natürlich schon erinnern, dass so manche alte
> Professoren meiner Schule, in die ich als Schüler ging, großes
> Interesse für unsere Abstammung hatten. Das dritte Reich war also
> nicht ganz spurlos an ihnen vorübergegangen. Aber heute, nach mehr als
> 50 Jahren Demokratie solche Aussagen zu treffen, halte ich für
> ewiggestrig. MfG
> Josef Zwickl
>
>
>
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