Re: Erich Wallner, Friday, December 13, 2002
10:53 PM

Ich finde diese Argumentation - den Vergleich mit der Schi-Industrie - an den Haaren herbeigezogen. Wenn mit Cannabis ein "gutes Geschäft" zu machen ist (so wie mit Zigaretten), ein nennenswerter Beitrag zur Erreichung des Nulldefizits, dann soll es eingeführt werden? Kann das eine seriöse Diskussion sein? Ist nicht der Erhalt der Gesundheit höher zu bewerten als Profit? Wollen sich die Grünen am rechten Rand der ÖVP positionieren, um Drogen aus dem Blickpunkt einer kapitalistischen Logik her in das System zu integrieren? Wenn man den Pakt mit einer korrupten Lobby eingeht, dann bekommt man dafür die Legalisierung? - Das darf doch bitte nicht wahr sein!

In der Drogendebatte soll auch der Mensch im Mittelpunkt stehen. So wenig wünschenswert und so unnötig der Drogenkonsum ist, aber deshalb dürfen junge Menschen nicht ruiniert oder auch in der Öffentlichkeit heruntergemacht werden wie z.B. der Schispringer A. Goldberger. Das war ein schreckliches Tribunal. Bei jedem Vergehen soll die Verhältnismäßigkeit in Betracht gezogen werden. Dieser Grundsatz taugt bestimmt mehr als das Zitat aus der amerikanischen Verfassung.

Es ist unnötig, denn in beglückende psychische Zustände und in Trance kann man auch ohne Stoff kommen, einfach mit Musik. Garantiert ohne schädliche Nebenwirkung.

Aber der Ströbele-Song zeigt, dass man mit einem Sager
dazu auch auf eine populistische Welle aufspringen kann.
G.W.



----- Original Message -----
From: Erich Wallner
To: 'Eckehard Quin' ; 'Lehrerforum'
Sent: Friday, December 13, 2002 10:53 PM
Subject: LF: AW: Re: Drogenbericht Österreich

(Keine Anrede, weil der Systemadministrator dagegen ist.)

Die Meinung des Koll. Quin, Cannabis gehöre sozusagen prophylaktisch verboten, greift zu kurz.

Man veranschauliche sich ein Analogiebeispiel: Jedes Jahr verursacht das Freizeitvergnügen Schifahren nachweislich gewaltige Schäden: jede Menge Unfälle auf den Pisten, sogar Todesfälle, ditto im Reiseverkehr von und zu den Schigebieten, dazu der ökologische Raubbau. Ich schätze, daß die direkten und indirekten jährlichen Todesfälle durch Schifahren auf jeden Fall in der Größenordnung der Drogentoten liegen (zur Erinnerung: das waren weniger als 200 im Jahr 2001, und davon sicher die wenigsten durch Cannabis). Die finanziellen Schäden, die von der der Schi-Industrie verursacht werden, liegen um Größenordnungen über den durch Drogen verursachten - man denke nur an den Super-GAU Galtür! Als Schifabrikant oder Hotelier wird man aber Kommerzialrat, und mit 4 g Haschisch im Hosensack geht man ins Häfen. Kein vernünftiger Mensch käme auf den Gedanken, Schifahren prophylaktisch zu verbieten, obwohl die Kausalität zu den Schäden hier noch viel besser nachweisbar ist als bei Cannabis - und obwohl ein Cannabis-Raucher nur (vielleicht!) sich selber gefährdet, ein Pistenrowdy aber auch seine Mitmenschen. Beim Schifahren gesteht die Gesellschaft ihren Mitgliedern offenbar das Recht zu, a) sich selber zu gefährden, b) andere zu gefährden und c) auch noch die Umwelt zu ruinieren - und das alles im wahrsten Sinne des Wortes "zum Spaß". Wenn es nun also ein derartiges Recht auf Spaß gibt - die amerikanische Unabhängigkeitserklärung nennt es "pursuit of happiness" und stellt es "life" und "freedom" gleich - dann muß das auch für Haschisch gelten.

Zweites Argument: Ein legalisierter Handel mit Cannabis bedeutet, der Drogenmafia die Kunden wegzunehmen. Es ist allgemein bekannt, daß in Amerika nie soviel gesoffen wurde wie während der Prohibition. Eine repressive Politik gegen den mainstream läßt sich einfach nicht durchsetzen und trifft nur die Patscherten, die sich erwischen lassen. Aktuelles Beispiel in Ö (und vielen anderen Ländern, am deutlichsten wohl in Italien) ist die Schwarzarbeit. Es hat einfach keinen Sinn, Dinge zu kriminalisieren, bei denen der Gesellschaft das Unrechtsbewußtsein fehlt. Wenn eine Installateur-Stunde fast ATS 1000.- kostet (und dann noch Wege-Kosten dazukommen), dann wird einfach gepfuscht. Und wenn dann noch Pfuscherpartien auf Baustellen des Bundes (der ja auch sparen will) entdeckt werden, führt sich das System sowieso ad absurdum. Wenn der Staat den Handel und Besitz von Cannabis verfolgt, dann treibt er der Drogenmafia die Kunden direkt in die Hände. Das wäre so, als könne man Kondome nur bei Zuhältern kaufen. Erst dadurch wird Cannabis dann zu einer "Einstiegsdroge" - weil der Händler ein Interesse daran hat, seine Kunden auch mit härteren Drogen zu versorgen, an denen er mehr verdient. Ein legalisierter Vertrieb von Cannabis würde einen beachtlichen Anteil der Drogenkonsumenten dem Kontakt mit den wirklich gefährlichen Drogen entziehen - und der Staat könnte sogar noch Steuern einheben!

Soviel fürs Erste.

Mit freundlichen Grüßen Erich Wallner





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