Vorbemerkung E.W.: Man möchte gar nicht glauben, wer der österreichischen Drogenbekämpfung so alles zum Opfer fällt ...

(Aus dem heutigen KURIER)


Kritik an Ablöse des Grazer Polizeidirektors

Graz - Die Donnerstagabend bekannt gewordene Ablöse des Grazer Polizeidirektors Franz Stingl (54) sorgt für anhaltende Irritationen: Nur sechs Wochen vor den Grazer Gemeinderatswahlen am 26. Jänner 2003 bekommt damit der laufende Wahlkampf eine neue Dynamik. Dass die Nicht-Verlängerung des Vertrags von Seiten des Innenministeriums u.a. mit der offenbar unzureichenden Drogenbekämpfung begründet wurde, ist vor allem Wasser auf die Mühlen der Grazer FPÖ, die die Landeshauptstadt als österreichweite "Drogenhochburg" gefährdet sieht.

Vertrag wird nicht mehr verlängert

Stingl war mitgeteilt worden, dass sein Vertrag, der im März 2003 nach fünf Jahren ausläuft, nicht mehr verlängert wird. Der Termin musste fristgerecht eingehalten werden: Informiert Minister Ernst Strasser (V) seinem Sprecher zufolge nicht spätestens drei Monate davor den Amtsinhaber über die geplante Neuausschreibung, erfolgt eine automatische Vertragsverlängerung.

Drogenproblematik "heißestes" Wahlkampfthema

Eine der Begründungen des Innenministeriums - dass im Bereich der Drogenproblematik die Zusammenarbeit mit der zuletzt eingerichteten Sonderkommission nicht entsprechend funktioniert habe -, bedeutet erheblichen "Zündstoff" für den laufenden Grazer Wahlkampf. Vor allem die FPÖ "fährt" das Drogen-Thema mit Vehemenz. Die Sonderkommission, die bei der Sicherheitsdirektion angesiedelt ist, hat erst kürzlich festgestellt, dass die Dealer zum Großteil Schwarzafrikaner sind, die bewusst als Asylwerber eingeschleust würden. Der Sicherheitsdirektor selbst hat in einem Inserat für den ÖVP-Bürgermeisterkandidaten geworben, während der nun vor der Ablöse stehende Grazer Polizeidirektor ein ehemaliger SPÖ-Gewerkschafter ist.

Grazer SP: Stingl habe sich "nichts zu Schulden kommen lassen"

Genau dort setzen die Kritiker an: Stingl (der nicht mit dem Grazer Bürgermeister Alfred Stingl verwandt ist, Anm.) habe sich "nichts zu Schulden kommen lassen", kritisiert etwa der Grazer SP-Chef Walter Ferk. SP-Klubobmann Karl-Heinz Herper sprach am Freitag von einer "politischen Einschwärzung ungeheuren Ausmaßes" und ärgerte sich über VP-Minister
Strasser: "Die Parteinahme einer Institution der Republik sechs Wochen vor einer Wahl ist wider alle politischen Sitten, das hat es noch nie gegeben". Vor Kurzem war auch der SPÖ-nahe steirische Landesgendarmeriekommandant Horst Scheifinger abgelöst worden. Ein Sprecher Strassers hatte Donnerstagabend gemeint, neben dem Aspekt der Drogenbekämpfung sei auch die behördeninterne Koordination "nicht optimal" verlaufen. Bei der Neuausschreibung könne sich Stingl natürlich wieder beteiligen.

SPÖ: Strasser "hält leider weiterhin an seinem falschen Weg fest"

Kritik an der Ablöse des Grazer Polizeidirektors Franz Stingl kam auch von der SPÖ-Bundesebene: SP-Sicherheitssprecher Rudolf Parnigoni meinte, Innenminister Ernst Strasser "hält leider weiterhin an seinem falschen Weg fest, nämlich verdiente Spitzenbeamte unter fadenscheinigen Gründen einfach abzuservieren".

Der richtige Weg

Parnigoni verwies seinerseits darauf, dass es "der richtige Weg wäre, wenn die Amtszeit Strassers nicht weiter verlängert würde", denn in seiner Amtszeit sei die Zahl der Delikte jeweils über 500.000 gelegen und die Aufklärungsquote "dramatisch" gesunken. "Der Minister soll angesichts dieser Fakten persönliche Konsequenzen ziehen anstatt durch willkürliche Personalmaßnahmen weiter Unruhe in den Exekutivapparat zu bringen", so Parnigoni.
apa/hp







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