In Ergänzung zu den Medienberichten.
Auf den Internetseiten des Wifo findet sich im pdf-format ein Vortrag von Helmut Kramer: "Österreichs Wirtschaft - Betrachtungen zur Jahreswende 2002/03".

Darin findet man unter anderem der Begriff Depressionsökonomie oder Vergleiche zur japanischen Wirtschaftskrise, die jetzt schon ein Jahrzehnt anhält, oder der Vergleich zur zur Weltwirtschafts- krise 1929. Der Autor übernimmt zwar nicht die weitverbreiteten Szenarien, warnt vor einer gegenseitigen "depressiven Ansteckung", warnt aber auch davor, die gegenwärtige Krise nur als kleine Delle im langfristigen guten Wirtschaftswachstum anzusehen. In optimistischer Variante wird zwar ein Aufschwung im Herbst 2003 für möglich erachtet, aber nicht wirklich als realistisches Szenario angenommen. "Die Wirtschaftsforscher gehen einen schwierigen Weg zwischen psseimistischen Szenarien, für die ihnen durchaus nicht die Phantasie fehlt, und dem Wunsch, die schlechte Stimmung nicht durch ungünstige Prognosen noch zu belasten." Aufhorchen lässt, dass Kramer vor einem "trivialisierten Keynesianismus" warnt, der nachfrageorientiert langfristig die Entwicklungspotenziale unserer Volkswirtschaft beschädigen kann. Daraus leitet er weitreichende Forderungen für eine Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, eine Ressourcen schaffende Steuerpolitik, eine effiziente Förderungs- und Infrastrukturpolitik ab.
Kramer: "Eigentlich sagt der unverdorbene Hausverstand, dass das eine, die Angebotsorientierung, ohne das andere, die Nachfrageseite (und
umgekehrt) limitiert ist, dass beide Seiten gesehen und je nach Situation kombiniert werden müssen." Wenn man also die Empfehlungen der Wirtschaftsforscher hernimmt und den Zielen Grassers ("So weiter wie bisher") gegenüberstellt, so sind die Positionen so konträr wie nur irgend möglich. G.W.

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Aus KTZ: http://www.ktz.at/
18.Dezember 2002
>> Inland / Ausland

Kassasturz und Grassers "Kostentreiber"

Finanzminister legte gestern seinen Kassasturz vor. Für 2003 erwartet er ein Defizit von 1,6 Prozent. "Kostentreiber" seien Pensionen und Gesundheitswesen. SPÖ: "Viele Fragen offen".

WIEN. Finanzminister Karl-Heinz Grasser lud gestern zum "Kassasturz". Im Beisein der Wirtschaftsforscher von Wifo und IHS sowie des Präsidenten des Staatsschulden- ausschusses, Helmut Frisch, gab Grasser das gesamtstaatliche Defizit für 2003 - "vorsichtig gerechnet" - mit 1,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) an.

Im Oktober war noch von einem Prozent die Rede. Den Unterschied führt er auf die schlechteren Konjunkturprognosen, die Gehaltsrunde für die Beamten und die Pensionserhöhungen zurück. Über "Konsolidierungsmaßnahmen" möchte er das Defizit bei einem Prozent eindämmen. Er skizzierte auch bereits die größten "Kostentreiber". Reformen seien demnach bei den ÖBB, den Pensionen, der Verwaltung und dem Gesundheitsbereich notwendig.

Die Defizitprognosen von Grasser werden von den Wirtschaftsforschern im Wesentlichen bestätigt. Sie gehen von einem Minus zwischen 1,4 und 1,6 Prozent des BIP für 2003 aus. Der Präsident des Staatsschuldenausschusses, Helmut Frisch, sieht das Budget 2003 wegen budgetärer Mehrausgaben (Pensionen, Beamte) vor der Wahl "stark vorbelastet".

SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer meinte, es hätte sich nun als "absolut richtig" erwiesen, dass die schwarz-blaue Koalition auf dem falschen Weg gewesen sei. SP-Budgetexperte Christoph Matznetter sagte, dass weiterhin viele Fragen offen geblieben seien. Die Daten würden aber zeigen, dass die Finanzlage wesentlich schlechter sei, als ursprünglich dargestellt.



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