Ein letzter Versuch noch, Koll. Wallner von der Scheinheiligkeitstheorie
abzubringen:
Es kann doch nicht egal sein, ob unsere Kinder (eigene wie Schüler) zu den ohnehin schon stark verwendeten legalen Drogen durch eine Legalisierung zusätzlicher Drogen (bzw. deren öffentlicher Verharmlosung) gefährdet werden. Koll. Wallner will mich scheinbar nicht verstehen, wenn ich ihm mehr als deutlich mitteile, dass ich aber auch mit den derzeitigen Ussancen der Alkokontrollen nicht einverstanden bin. Es macht für mich einfach keinen Unterschied, ob ein Autofahrer mit 2 Promille im Blut erwischt wird und der erlaubte Grenzwert liegt bei 0,x oder bei 0,y! Selbst Berufsfahrer (0,0!) werden gar nicht so selten mit mehr als 1 Promille erwischt. Um die Grenze geht es nicht, sondern um den toleranten Umgang der Gesellschaft mit Drogen aller Art. Wenn Koll. Wallner die Herabsetzung der Toleranzmenge für Heroin als Beispiel für eine schlechte Drogenpolitik heranzieht, so wünsche ich ihm sehr, dass nicht irgendwann seine eigenen Kinder ein Problem mit diesem Scheißzeug bekommen. In Wissenheit wie diese Drogen (auch Alkohol!!!) die Zukunft unserer Kinder zerstören können, kann man als verantwortungsvoller Mensch doch nur alles unternehmen, dass nicht mutwillig neue Risiken begründet werden. Daher bin ich zutiefst davon überzeugt, dass man häufigere Alkoholkontrollen machen sollte und dass man die nichtlegalen Drogen keinesfalls legitimieren sollte. Die personellen Möglichkeiten der Exekutive wären mehr als ausreichend (damit zitiere ich nicht durch Parteiapparate gefilterte Aussagen von Exekutivbeamten). Mit Parteimeinung, wie Koll. Wallner dies diagnostiziert, hat das wenig zu tun. Das ist meine eigene Meinung zu der ich völlig unscheinheilig stehe. Schöne Weihnachten Josef Zwickl
PS: Mit der Unfallstatistik beziehe ich mich natürlich nicht nur auf Tirol sondern auf jene, die vor ca. 1,5 Wochen im ORF für ganz Österreich veröffentlicht wurde.
PPS: Die Fristenlösung diskutieren wir lieber extra. Dieses Thema kann man nämlich nicht mit ein, zwei Sätzen behandeln.
----- Original Message -----
From: "Erich Wallner"
To: "'Josef Zwickl'" ; "'Lehrerforum'"
Sent: Sunday, December 22, 2002 9:16 AM
Subject: AW: Re: AW: Re: Drogenbericht Österreich


1. Im April 2001 wurde die "Suchtgiftgrenzmengenverordnung" dahingegehend novelliert, daß man nunmehr bereits beim Besitz von mehr als 3g Heroin ins Gefängnis geht (vorher 5g). Ich erachte es für scheinheilig, wenn man eine solche Maßnahme befürwortet, und in einem analogen Fall - nämlich bei der Reduktion von 0,8 auf 0,5 Promille im Staßenverkehr - bloß nach einer verschärften Kontrolle ruft und im übrigen argumentiert, ein Trankler lasse sich sowieso von keiner gesetzlichen Grenze abschrecken. Wieso sollen denn Alkoholiker anders funktionieren als Rauschgiftkonsumenten? Im Übrigen ist es ebenso scheinheilig, so zu tun, als ob verschäfte Kontrolle und Reduktion der gesetzlichen Grenzwerte ALTERNATIVEN wären - als ob es kein SOWOHL - ALS AUCH gäbe.

(Da ich die Meinung des Koll. Zwickl zur Verschärfung der Heroin-Besitz-Grenze nicht kenne, bezieht sich das Adjektiv "scheinheilig" nicht auf ihn, sondern auf einen idealtypischen
ÖVP-Sympathisanten.)

2. Leider hat Koll. Zwickl die "neueste" Alko-Unfallstatistik, auf die er sich beruft, nicht angeführt. Ich habe gefunden (unter: http://www.kfv.at/tirol/TirStat.pdf):
"Der Anteil der Alkoholunfälle am Gesamtunfallgeschehen liegt ... weit unter den Anteilen vor 1998 [=Einführung der 0,5-Promillegrenze]. ... Auffallend ist der im Jahr 2000 starke Rückgang der Getöteten bei Alkoholunfällen." Ebenso
http://www.noel.gv.at/service/ru/ru7/verkehrssicherheit/NOeStat99.pdf:
"Die Senkung des gesetzlichen Blutalkoholgrenzwertes von 0,8 auf 0,5 Promille zu Jahresbeginn 1998 führte zu einer signifikanten Reduktion der Zahl der Unfälle mit Personenschaden und der Zahl der dabei verletzten Personen. Im Jahr 1999 wurden 472 Unfälle durch Trunkenheit registriert. Das sind mehr als 1998, das Ergebnis liegt aber noch deutlich unter den Werten vor Einführung der 0.5-Promille-Grenze."

Aber auch wenn Koll. Zwickl Recht hätte, waren zwei Dinge einzuwenden:

a) No na werden Alko-Unfälle nicht sinken, wenn man landesweit Polizei- und Gendarmerieposten zusperrt und bei der Exekutive (also bei der von Koll. Zwickl eingeforderten Überwachung und Kontrolle) spart, wo es nur geht. (Soviel auch zur "vernünftigen Anti-Drogen Politik", die Koll. Zwickl bei der ÖVP ortet.)

b) Eine Gesetzesänderung bewirkt nicht automatisch eine Zahlenänderung in der Praxis. Das beste Beispiel dafür war die Freigabe der Abtreibung unter Kreisky. Sind danach etwa die Abtreibungen ins Uferlose gestiegen? Kann man einen derartigen Effekt in der Geburtenstatistik nachweisen? - Natürlich nicht. Sehr wohl aber gab es einen Effekt in der gesellschaftlichen Bewußtseinsbildung - eine Spätfolge davon war der Umstand, daß sich die blau-schwarze Koalition gehütet hat, eine Rücknahme der Abtreibungs-Legalisierung auch nur mit einem Wort anzusprechen, obwohl das auf ihrer politischen Linie läge und sie erstmals seit 1970 die Möglichkeit dazu gehabt hätten. Ähnlich erhöht eine Reduktion der Promillegrenze im Straßenverkehr zumindestens das Unrechtsbewußtsein. Um das "zumindestens" im vorigen Satz zu relativieren: Ich glaube einfach nicht, daß man bei Verkehrskontrollen gar keine AutofahrerInnen mit Werten zwischen 0,5 und 0,8 Promille erwischt. Außer den von Koll. Zwickl angeführten pathologischen Fällen mit 2,0 Promille wird es doch wohl auch noch andere geben, die einfach ein Bier oder ein Achtel zuviel getrunken haben! Außerdem sind mir mehrere Zeitungsberichte aus den letzten Jahren in Erinnerung, wonach Gastronomen berichten (und klagen!), daß immer weniger Alkohol und immer mehr Mineralwasser bzw. Säfte getrunken werden.

3. Wenn Koll. Zwickl meint, nach meiner Logik müßte man die Promillegrenze auf 0,0 herabsetzen, dann vergißt er dabei, daß es diese Grenze ja für Berufskraftfahrer tatsächlich gibt! (Soviel ich weiß, auch für Führerscheinneulinge.) Für "normale" KraftfahrerInnen gilt ein Grundsatz, der ihm auch aus der Pädagogik bekannt sein sollte: Um von einem Vierer auf einen Dreier zu kommen, bedarf es geringerer Anstrengungen, als von einem Zweier auf einen Einser. Will heißen: Perfektion ist in der Praxis oft mit unzumutbaren Anstrengungen verbunden und daher (in Österreich) nicht durchsetzbar. Im Ausland schon: 0,0 Promille gelten in: Rumänien, Slowakei, Tschechien, Ungarn. 0,2 Promille gelten in: Norwegen, Polen, Schweden. Interessant vielleicht noch: In den Weinländern Frankreich, Italien und Spanien gelten 0,5 Promille, ebenso in der moslemischen
Türkei(!)
0,8 Promille verteidigen nach wie vor die englischen und irischen Hooligans, ebenso Luxemburg und die Schweiz.


Erich Wallner


P.S.: Im Übrigen verweise ich auf ein Argumentarium des Kuratoriums für
Verkehrssicherheit: http://www.kfv.at/1997/aussendungen/97-10-14b.htm







-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Josef Zwickl [mailto:zwickl@chello.at]
Gesendet: Samstag, 21. Dezember 2002 19:32
An: Erich Wallner; 'Lehrerforum'
Betreff: Re: Re: AW: Re: Drogenbericht Österreich

Koll. Wallner scheint die neueste Entwicklung auf dem Gebiet der Alkounfälle nicht zu kennen. Die Senkung der Promillegrenze hat leider, und das meine ich sehr ernst, keine Auswirkung auf die Häufigkeit der Unfälle mit Alkoholbeteiligung gehabt. Für mich ist und war dies eigentlich immer klar. Ein Lenker, der sich mit 2 Promille ans Steuer setzt, pfeift sich leider herzlich wenig um Promillegrenzen. Mein Vorschlag damals war, dass man die Kontrollen verschärfen sollte. Gesetze ohne Kontrolle sind das Papier nicht wert auf dem sie geschrieben werden. Wenn Koll. Wallner aus dieser Haltung einen Hang der ÖVP (deren Meinung deckte sich damals mit meiner!) zur Förderung der Alkolenker ableitet, hat er (pardon) die Argumentation nicht verstanden. Das Problem kann man ja auch nicht auf eine einfache Entscheidungsfrage reduzieren. Sind Sie für Alkounfälle?- dann belassen Sie die Promillegrenze. Das wäre wirklich zu billig. Die Wallner´sche Konsequenz aus der neuen Unfallstatistik müsste ja jetzt sein, dass man die Promillegrenze auf 0,2 herabsetzt, danach auf 0,1, auf 0,0, auf ?.... Ändern würde dies leider nichts. Andere Drogen sollten womöglich noch legalisiert werden, damit halt zusätzlich zu Alkounfällen auch mehr Drogenunfälle passieren. Dann hätten wir das Ziel erreicht? MfG J.Zwickl

----- Original Message -----
From: "Erich Wallner"
To: "'Josef Zwickl'" ; "'Lehrerforum'"
Sent: Sunday, December 15, 2002 10:27 PM
Subject: AW: Re: AW: Re: Drogenbericht Österreich


Bei seiner Behauptung, die ÖVP habe "bisher eine vernünftige Antidrogen-Politik vertreten", hat Kollege Zwickl offenbar schon vergessen, was diese Partei für einen erbitterten Widerstand geleistet hat, als es um die Senkung der 0,8 Promille im Straßenverkehr auf 0,5 ging.

Erich Wallner






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