Es wäre zumindestens jetzt ehrlich, Koll. Zwickl, wenn
Sie zugeben würden, dass Sie für eine Globalisierung im Sinne des Großkapitals sind, anstatt jetzt scheinheilig über "gescheitere Mittel gegen die Globalisierung" nachzudenken.
Sie sind immer noch nicht in der Lage, die Strukturen der Gewalt zu erkennen. Ist es denn nicht auffällig genug, dass die Regierung Berlusconi das Spektakel "medienwirksam" inszenieren liess. Der Regierungschef hat da dem Medieninhaber einen Gefallen tun wollen. Koste es, was es wolle. Auch das Vertrauen der Bürger in den Staat! Menschenrechte werden mit Füßen getreten! Gewalt gegen friedliche Demonstranten wird von den Staatsorganen angeordnet. Ausländerfeindlichkeit gilt als tolerierbare Begleiterscheinung.
Es geht um politische Moral. Berlusconi hätte bei Amtsantritt zumindest alle seinen privaten Besitz in die Hände von Treuhändern übergeben müssen und sich als Ministerpräsident nicht nur ansatzweise einmischen dürfen.
Saubere politische Strukturen fehlen auch in Amerika. Die Wahlkämpfe werden von Lobbies bestritten, die Darsteller sind nur die Marionetten derer, die wirklich den Ton angeben.
Aber sagen Sie bitte nicht, dass sich darin ohnehin alle gleich sind (weil ich kenne ja inzwischen ihren Diskussionsstil!) Ich erinnere Sie daran, wie kompromißlos Bruno Kreisky von Hannes Androsch forderte: entweder Politik oder Consultatio!
Mit genau dieser politischen Moral sollten wir heute darangehen und sehr gut aufpassen, wer denn aller die Vorteilsnehmer von diversen Privatisierungen in Österreich aufgrund von GATS sein wird. Auch bei uns ist nicht auszuschließen, dass die Herrschaften, denen wir durch unsere Meinungsäußerung das "gute Geschäft" verderben, zu brutalen Gegenmaßnahmen greifen werden.
Es werden alle Parteien daraufhin zu durchleuchten sein, ob nicht ein Mandatar beispielsweise auf der Gehaltsliste von Frank Stronach steht. Die Unabhängigkeit der politischen Akteure muss gewahrt bzw. wieder hergestellt werden. In der neuen Legislaturperiode wird sich die Frage nach Vereinbarkeiten (etwa bei Prinzhorn als Unternehmer und Politiker) stellen und gegebenenfalls einen Ausschuss beschäftigen.
Es wird in den nächsten Jahren darauf ankommen, dass der Staat sich nicht aus der Verantwortung stiehlt. Es kann nicht sein, dass Sozialversicherungsbeiträge zur Staatsfinanzierung herhalten, und die Leistungen im Gesundheitsbereich immer mehr durch Selbstbehalte finanziert werden. Vielleicht schaffen auch Sie es zu begreifen, dass die geplante Liberalisierung letztendlich zu argentinischen Verhältnissen führen muss. Und wenn Sie das nicht befürworten, werden Sie um eine ernsthafte Diskussion nicht herumkommen.
Günter Wittek
PS.: Übrigens sollen Österreichs Schüler beim nächsten PISA-Test auch in dem Bereich "Problemlösen" antreten. (Probleme erkennen, analysieren Schwierigkeiten erkennen und Lösungen finden) - Ob dabei Österreich gut abschneiden wird? Wenn wir das als Quizfrage stellen, so gibt es darauf die Antwort erst in knapp 3 Jahren. Aber wieder einmal liesse sich feststellen, wer mit seinen Vermutungen näher an der Wahrheit war.
-----Ursprüngliche Nachricht-----
From: Josef Zwickl
To: Erich Wallner ; 'Lehrerforum'
Sent: Thursday, January 09, 2003 4:33 PM
Subject: LF: Re: Genua
Mit der nunmehr bestätigten Feststellung, dass die Genuaer Polizei Verfehlungen begangen hat, lässt sich aber das Verhalten einiger Demonstranten (schwere Sachbeschädigungen, tätliche Angriffe auf
Polizisten,...) nicht entschuldigen. Jeder von uns würde sich sehr bedanken, wenn sein Haus oder sein Auto beschädigt werden würde, nur weil einige Randalierer Freude daran finden. Ob ich jetzt mit meinen damaligen Äußerungen Recht hatte oder nicht, ist für mich unerheblich. Außerdem bin ich davon überzeugt, dass der homo sapiens sapiens gescheitere Mittel gegen die Globalisierung finden könnte als blöd die Straßen zu bevölkern. Druck von der Straße hat in der Vergangenheit zwar einiges bewegen können, sollte aber langsam intelligenteren Methoden weichen. MfG J.Zwickl
----- Original Message -----
From: "Erich Wallner"
To: "'Lehrerforum'"
Sent: Thursday, January 09, 2003 6:53 AM
Subject: LF: Genua
> Vorbemerkung E.W.: Wie oft kommt es schon vor, daß sich objektiv
> erweisen läßt, wer in einer LF-Diskussion Recht gehabt hat und wer
> nicht?
>
> DER STANDARD
> Donnerstag, 9. Jänner 2003, Seite 5
>
> "Medienwirksame" Gewalt
>
> Eineinhalb Jahre nach dem Weltwirtschaftsgipfel von Genua mit seinen
> Gewaltexzessen überführen die von einigen italienischen Zeitungen
> publizierten Verhörprotokolle die Exekutive endgültig massiver
> Beweisfälschungen und ungerechtfertigter Gewaltanwendung.
>
> Gerhard Mumelter aus Rom
>
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