Frankfurter Rundschau 20 01 03
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"Schaut nicht weg - wir sitzen hier im Dreck"
An der Hauptwache demonstrieren Lehrer, Schüler und Eltern gegen Zustände an den Schulen
Von Claudia Michels
Lehrermangel@frankfurt.de stand auf Protesttafeln. "Leistung ohne Mittel" wurde per Schild angeprangert. Handgeschrieben ragte die Bitte "Schaut nicht weg - wir sitzen hier im Dreck", über die Köpfe ganzer Schulgemeinschaften am Samstag vor der Katharinenkirche. Elternvertreter von 13 der 19 Frankfurter Gymnasien gaben ihrem Zorn Ausdruck, dass sowohl die hessische Landesregierung als auch die Stadt Frankfurt die Lage an den Schulen vor allem gesundrechnen.
In erster Linie aus dem Liebig-Gymnasium hatten Eltern, Schüler und Lehrer reihenweise Tische und Bänke an die Hauptwache geschafft, die dort Nachkriegs-Flair verbreiteten. "Wir benutzen alle noch das alte Zeug", klärte ein Pädagoge auf. Vor der improvisierten Schulklasse stand das Objekt des Ärgers: eine Vertretungslehrerin. Nicht gegen ihre Person, aber gegen diese Institution richtete sich am Samstag der Widerstand der "Oberschüler".
Mehr als 100 Kräfte dieser geminderten sozialen Absicherung habe die Landesregierung inzwischen an den Frankfurter Gymnasien eingesetzt, um die hessenweit versprochene "Unterrichtsgarantie" zu erfüllen. "Ich kann leider nur ein halbes Jahr bleiben", kündigte die Pädagogin an. Dann nämlich muss sie wieder pausieren, damit aus ihrem Vertretungsvertrag nicht, juristisch betrachtet, eine volle Stelle einklagbar wird. Man wisse also nie, ob man angefangene Unterrichtsprojekte weiterführen könne, informierte die Vertretungskraft. Und: "Wir verdienen auch weniger und werden in den Sommerferien nicht bezahlt." In der Regel über den Sommer nämlich müssen sich jene Lehrer zweiter Klasse arbeitslos melden.
Auf diese Weise, das haben die Eltern der 13 Schulen sowohl nach Wiesbaden an die Landesregierung als auch nach Frankfurt an den Magistrat und die Römer-Parteien geschrieben, seien in den Gymnasien "86 volle Lehrerstellen ersetzt" worden. Für die Schüler sei das Ergebnis "ständiger Lehrerwechsel". Für sittenwidrig halten Personalratsvertreter die Regelung, zu deren juristischer Absicherung der Terminus "Vertrag zur Probe" benutzt werde. Die Elternvertreter unterstrichen mit ihrer Aktion die Forderung nach einer "Unterrichtsabdeckung inklusive Vertretungsreserve - mit festen Lehrerstellen".
Was die Stadt Frankfurt angeht, zuständig für die Ausstattung der Schulhäuser, so wurde eine weitere lange Mängelliste präsentiert: "Sportstätten verfallen, Brandschutz entspricht nicht den Vorschriften, Heizungen drohen auszufallen, Schulmöbel sind beschädigt, Pilz und Schimmel an den Wänden gehören zum Alltag" - so lauten nur einige der monierten Punkte.
"Die Stadt Frankfurt muss ihren Haushalt so budgetieren, beziehungsweise solche Konzepte entwickeln, dass sie ihren Pflichten als Schulträger nachkommen kann", lautet das Resümee.
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