Peter Friebel schrieb:
Wir brauchen die 2/3-Mehrheit für Schulgesetze, damit Reformen im
Schulwesen von einem breiten Konsens in der Gesellschaft getragen
werden. Für ideologisch motivierte Experimente ist die Bildung unserer
Kinder zu wichtig.

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Ich meine, dass wenn ein parteiübergreifender Konsens zur Weiter- entwicklung unseres Schulwesens vorhanden wäre (und das mag die idealistische Vorstellung der Schulpolitiker im Jahre 1962 gewesen sein), dann wäre ein solches Modell sogar zielführend.

Nur die Praxis der letzten Jahre sah völlig anders aus. Wenn Koll. Friebel nun tatsächlich vieles aufzählt, dann ist der überwiegende Teil davon auch aus meiner Sicht richtig (den Bereich Mathe/Physik vermag ich aus meiner Sicht nicht beurteilen, dafür fallen mir auch einige Flopps ein im geísteswissenschaftlichen Bereich, oder gar das Schicksal der einst hochgelobten Sprachlabors, die dann aber häufig zu Informatikräumen umgewidmet werden konnten).

Mein Vorwurf lautet, dass die gesamte 2/3-Mentalität dazu geführt hat, dass vieles zu spät und nur halbherzig kompromisshaft umgesetzt worden ist, dass in der Schulpolitik eigentlich permanent Kindesweg- legung betrieben wird und a l l e sagen, dass das eigene Modell in Wahrheit anders aussehen würde. Wir haben eine öffentliche Schule, mit der sich nur wenige identifizieren wollen und können.

Die Betrachtung von Koll. Friebel ist schon etwas einseitig, wenn man weiss, dass die aufgezählten Erfolge, wie die Einführung der Wahl- pflichtfächer, in der Argumentation dafür verwendet werden uns vorzurechnen, welche Schüler-Lehrer-Quote wir an der AHS haben, und dass genau damit jetzt von der Regierung begründet wird, dass deswegen die Klassenschülerhöchstzahl hoch bleiben muss ( und da wird selbst ein recht erfolgreiches Volksbegehren ignoriert!). Wir haben also Verbesserungen auf einer Seite mit einer massiven Verschlechterung (Höchstzahl kann auch überschritten werden) "erkauft".

Daher bleibe ich bei der Ansicht, dass es so ist, dass wenn die "Verfassungsmehrheit" für die Schulpolitik verantwortlich zeichnet, dass sich die jeweilige Regierung immer allzu leicht aus der Verant- wortung davonstehlen kann. Das ist nicht in unserem Sinn.

Und ich bin auch überhaupt nicht glücklich über den Weg der letzten Jahre, der begonnen hat mit der Einführung der Schulautonomie und mit einer unglücklichen Bastelei an Schulprofilen. Das hat doch nur in den wenigsten Fällen (ich bitte um Unterstützung bei der Auf- zählung von Beispielen, denn meine eigenen wären leicht widerlegbar!) zu einer Nutzung von unseren Ressourcen geführt. Nur die Verant- wortung wurde verschoben, wir wurden zu unseren eigenen Mängel- verwaltern und zum Teil zu Bittstellern, die ausgeschickt sind, um den ganz normalen Schulbetrieb zu finanzieren, geschweige denn von irgendwelchen Extras. Die Autonomie ist doch ein plumper Trick, um uns das Jammern abzugewöhnen und uns vorhalten zu können, dass wir ja selber sagen, wie gut wir sind. Dann kann es ja nicht so schlecht sein.

Und schließlich erlaube ich mir doch noch anzumerken, dass der Vorschlag diesmal von dem ÖVP-Sondierungsverhandler bzw. Regierungsbildungs-Verhandlungsvorbereiter Bartenstein gekommen ist, verbunden mit der Aufforderung an die SPÖ, jetzt doch Bereitschaft zu zeigen "sich zu bewegen". Mir scheint es nach dem Statement von Koll. Friebel eher so, dass Bartenstein wohl eher noch in der eigenen Partei Überzeugungsarbeit zu leisten haben wird.

Günter Wittek



----- Ursprüngliche Nachricht -----
From: Peter Friebel
To: Lehrerforum
Sent: Saturday, January 25, 2003 10:33 PM
Subject: Re: LF: Re: 2/3 Mehrheit "enttäuschend"?


Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Günter Wittek schrieb:
> Die "Gefahr", dass "unser gutes Bildungssystem zum Experimentierfeld
> werden darf", ist ohnedies äußerst gering. Wir blicken zurück auf vier
> Jahrzehnte Stillstand, auf eine permanente "Rien ne vas plus -
> Stimmung".

Ich habe vor 21 Jahren maturiert. Wenn ich den Schulbetrieb damals und heute vergleiche, fallen mir viele Veränderungen auf, und zwar sowohl strukturelle, als auch inhaltliche.





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