Schülerzahlen: Als BHS-Lehrer kenne ich auch heute noch Klassen mit 36 Schülern. Diese reduzieren sich zwar meist im Laufe der Jahre auf 28-30. MfG J.Zwickl
----- Original Message -----
From: "Peter Friebel"
To: "Herbert Till" ;
Sent: Monday, January 27, 2003 1:23 AM
Subject: LF: Re: Bildung


> Sehr geehrter Kollege Till!
>
> Herbert Till schrieb:
> > ... So lese ich sehr wenig bis nichts über die sozialen
> > Errungenschaften
im
> > Schulbereich, die auch dazu geführt haben, dass seit Kreiskys Zeiten
> > der Zugang zur Bildung für jedermann - unabhängig von seiter
> > finanziellen Situation - möglich gemacht worden ist. Schulbuch-
> > Schülerfreifahrten,
Keine
> > Studiengeühren...
>
> Ich habe von Veränderungen geschrieben, die sich ereignet haben,
> seitdem ich selbst Schüler war - die ich also als Veränderungen erlebt
> habe. Gratisschulbücher und das Nichtvorhandensein von Studiengebühren
> waren zu meiner Zeit als Schüler bzw. Student bereits
> selbstverständlich, deshalb habe ich sie nicht als Veränderungen
> erlebt. Aber Sie haben natürlich Recht: Wenn man nicht die letzten 21
> Jahre betrachtet, wie ich das getan habe, sondern einen längeren
> Zeitraum, dann sind auch diese positiven Veränderungen zu erwähnen.
> Ich stimme Ihnen zu, dass nicht alles schlecht war, was Kreisky
> eingeführt hat.
>
> > Als Mathematiker könnten sie gerne einmal die Schüler- und
> > Lehrerzahlen
für
> > diesen Zeitraum gegenüberstellen. Vielleicht liegt darin auch eine
Erklärung
> > von "30 jähriger katastr. Finanzpoilitik......".(könnte aus einem
Leserbrief
> > der Kronenzeitung entnommen sein) ...
>
> Ich stimme Ihnen auch zu, dass sich die Relation der Schüler- und
> Lehrerzahlen verbessert hat - und zwar nicht nur unter Kreisky,
> sondern auch vorher (als meine Eltern in die Schule gingen, waren die
> Klassen noch viel größer als 1970) und nachher (als ich Schüler war,
> galt noch die Klassenschülerhöchstzahl 36) bis etwa Mitte der
> 90er-Jahre. Seit Mitte der 90er-Jahre, also sowohl während der letzten
> Jahre der rot-schwarzen Koalition als auch während der schwarz-blauen
> Koalition, wurden zwar nicht die Gesetze, die die Klassenschülerzahlen
> regeln, verschlechtert, sie wurden aber leider unter dem Druck eines
> riesigen, staatlichen Schuldenbergs restriktiver angewandt.
>
> Meine Überzeugung, dass die Finanzpolitik der Jahre 1970 bis 2000 eine
> Katastrophe war, stammt nicht aus einem Leserbrief der Kronenzeitung,
> sondern stützt sich auf Fakten: Kreisky und Androsch behaupteten, bei
> ihrer Finanzpolitik den Thesen des Wirtschaftswissenschaftlers Keynes
> zu folgen. Während aber Keynes dafür eintrat, in Zeiten schlechter
> Konjunktur ein Defizit in Kauf zu nehmen, um die Wirtschaft
> anzukurbeln, und in Zeiten guter Konjunktur weniger Geld auszugeben,
> was über einen Konjunkturzyklus hinweg im Mittel ein ausgeglichenes
> Budget ergeben hätte, explodierten unsere Budgetdefizite ab 1970 trotz
> Hochkonjunktur. Damals wurde einfach mehr ausgegeben, als vorhanden
> war, ohne daran zu denken, dass Schulden mit Zinsen und Zinseszinsen
> zurückgezahlt werden müssen. Als 1973 durch den Ölpreisschock die
> Konjunktur einbrach, wurde das Defizit natürlich noch höher. Auch als
> die Konjunktur ein paar Jahre später wieder besser wurde, wurde nicht
> gespart. Als 1986 eine rot-schwarze Koalition kam, waren die Schulden
> bereits so hoch, dass ein ausgeglichenes Budget nicht mehr so einfach
> zu erreichen war. Obwohl in manchen Jahren gespart wurde und die
> Staatsschulden deshalb langsamer zunahmen als bei einer unveränderten
> Fortsetzung der Politik der 70er- und früher 80er-Jahre, kam es zu
> keiner Sanierung des Budgets, vor allem weil jeweils vor Wahlen teure
> Wahlzuckerl verteilt wurden. Erst seit 2000 gibt es ernsthafte
> Bemühungen, ein ausgeglichenes Budget zu erreichen. Das Budget ist
> zwar bei weitem noch nicht saniert, aber es sieht besser aus als noch
> vor ein paar Jahren. Derzeit zahlen wir pro Jahr über 7 Milliarden
> Euro (über 100 Milliarden
> Schilling) Zinsen für unsere Schulden - und ich meine wirklich Zinsen,
> d.h. in diesem Betrag sind keine Kapitalrückzahlungen enthalten. Der
> Schuldenberg wird also trotz dieser Zahlungen nicht kleiner. Unter
> solchen Bedingungen ist eine Budgetsanierung schwierig, aber je länger
> man damit wartet, desto schlimmer wird die Situation.
>
> Um Missverständnisse zu vermeiden:
> Ich behaupte weder, dass alle Reformen der Kreisky-Ära schlecht waren,
> noch, dass jede Reform schlecht ist, die Geld kostet. Eine vernünftige
> Finanzpolitik muss abwägen, welche Ausgaben wichtiger sind und welche
> Ausgaben nicht so wichtig sind und deshalb unterbleiben müssen, wenn
> das Geld nicht reicht. Wenn man dabei zum Ergebnis käme, dass Ausgaben
> für das Bildungssystem zu den wichtigeren gehören, weil eine gute
> Bildung der Jugend zur Sicherung der Zukunft einer Gesellschaft
> beiträgt, wäre das durchaus in Ordnung.
> Dafür müsste man aber an anderer Stelle sparen, und das ist
> jahrzehntelang nicht geschehen.
> Wenn man allein die riesigen Beträge betrachtet, die zur vorübergehenden
> Erhaltung der Arbeitsplätze in der VÖEST ausgegeben wurden (etliche
> Zig-Milliarden pro Jahr über viele Jahre hinweg), obwohl absehbar war,
> dass man damit diese Arbeitsplätze nicht auf Dauer halten konnte, dass
> das Geld also in einem Fass ohne Boden verschwand, ohne den angestrebten
> Effekt zu erzielen, dann werden die Ursachen für die Budgetprobleme, die
> uns heute auf den Kopf fallen, erkennbar.
>
> > Ich weiß dass in den letzen 30 Jahren sehr viel geschehen ist,
> > gewaltige (auch finanzielle)Anstrengungen, sind notwendig gewesen um
> > das gute
österr.
> > Schulsystem aufzubauen. Erst in den letzten Jahren wurde hier -
> > entgegen ständig anderslauternder Behauptungen - ein restriktiver
> > Kurs gefahren.
...
>
> Unser Schulsystem wurde nicht erst in den letzten 30 Jahren aufgebaut,
> sondern ein schon vorher bestehendes, ausgezeichnetes Schulsystem
> wurde weiter entwickelt. Reformen gab es immer, nicht nur in den
> letzten 30 Jahren, und zwar sowohl positive als auch negative.
>
> > Die Gefahr dass unser öffentliches Schulwesen zu Gunsten eines
> > privaten Ausbildungsmarktes (GATS) immer weiter "zurückgefahren"
> > wird ist bei den derzeitigen politschen Akteuren größer denn je.
>
> Das ist eine Unterstellung, die durch nichts gerechtfertigt ist. Von
> den derzeit in Österreich in der Bildungspolitik tätigen Akteuren habe
> ich von keinem gehört, dass er das öffentliche Schulwesen zugunsten
> eines privaten Ausbildungsmarktes zurückfahren will. US-amerikanische
> Zustände haben wir hier zum Glück nicht. Mich würde interessieren,
> warum diese Unterstellung von manchen immer wieder wiederholt wird.
> Liegt es daran, dass die Personen, die das behaupten, sich wegen ihrer
> unterschiedlichen Weltanschauung überhaupt nicht in die Denkweise
> eines "schwarzen" Bildungpolitikers versetzen können und deshalb
> annehmen, jeder Nicht-Sozialist würde wie Thatcher oder Bush denken?
> Oder wird diese Behauptung einfach nach dem Motto aufgestellt, dass
> man etwas nur oft genug behaupten muss, damit es geglaubt wird?
>
> Mit freundlichen Grüßen
> Peter Friebel
> --
> Diese Liste wird vom Personal Computer Club (http://www.pcc.ac)
> betrieben. Um sich aus der Liste austragen zu lassen, senden Sie ein
e-mail
> an majordomo@ccc.at mit dem Befehl "unsubscribe lehrerforum" im
> Nachrichtentext.

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