Vorbemerkung E.W.:

Man beachte insbesondere den Satz "Ursprünglich hatte sich der UVS überhaupt für unzuständig erklärt - laut Gesetzeslage könnten nur direkt Betroffene Beschwerde erheben, so die damalige Argumentation."
Aus dem Juristendeutsch übersetzt heißt das: "Der Erschossene kann sich eh nicht mehr beschweren, weil er schon tot ist, und die Angehörigen sollen sich brausen gehen." - Vivat Iustitia!




DER STANDARD
Mittwoch, 29. Jänner 2003, Seite 9

WIEN
Ein Polizist, ein Irrtum und ein Toter: Schuld hat niemand
Vor zweieinhalb Jahren wurde Imre B. irrtümlich von der Polizei erschossen. Schuld daran hat niemand. Zu diesem Ergebnis kommt nun auch der Unabhängige Verwaltungssenat Wien. Den Hinterbliebenen bleibt noch der Gang zum Verfassungsgerichtshof.

Michael Simoner

Wien - 41 Euro "Vorlageaufwand", 203 Euro "Schriftsatzaufwand" und 254 Euro "Verhandlungsaufwand" - dafür, dass ihr Vater und Gatte Imre B. im Mai 2000 von der Polizei irrtümlich erschossen wurde, sollen die Hinterbliebenen jetzt auch noch bezahlen. Der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) Wien wies - erneut - eine Beschwerde ab, mit der die betroffene Familie darauf plädiert hatte, dass der Todesschuss rechtswidrig erfolgt sei. Quintessenz: Imre B. hatte einfach nur Pech. Er war nicht der Drogendealer, den die Polizei eigentlich gesucht hatte, sondern nur zur falschen Zeit am falschen Ort. Wie berichtet, wurde der Todesschütze, ein 38-jähriger Polizist aus Wien, bereits im Vorjahr auch strafrechtlich vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen. Im Zweifel, aber rechtskräftig. Er hatte beteuert, dass sich der Schuss ohne Absicht gelöst habe: Als er den in einem Auto sitzenden Imre B. verhaften wollte, habe dieser plötzlich die Wagentür aufgedrückt, was wiederum einen "Greifreflex" in der bewaffneten Polizistenhand ausgelöst haben soll - ein Finger rutschte in den Abzug. Der neue UVS-Bescheid, der dem STANDARD vorliegt, hält fest: "Das Einschreiten der Kriminalbeamten erfolgte auf eine den Gesetzen entsprechende und absolut korrekte Art und Weise." Und weiter: "Das Verfahren hat keinerlei Hinweis dafür erkennen lassen, dass das Verwenden der Waffe überschießend gewesen wäre", führt UVS-Mitglied Peter Fenzl aus. Der Wiener Rechtsanwalt Thomas Prader, der die Hinterbliebenen - B.s Witwe und zwei minderjährige Kinder - vertritt, beruft gegen den UVS-Spruch beim Verfassungsgerichtshof. Und das nicht zum ersten Mal in der Causa. Ursprünglich hatte sich der UVS überhaupt für unzuständig erklärt - laut Gesetzeslage könnten nur direkt Betroffene Beschwerde erheben, so die damalige Argumentation. Nach einem Machtwort des Höchstgerichts musste sich der UVS dann aber doch mit dem heiklen Fall beschäftigen. Recht auf Leben
"Hier geht es um nichts Geringeres als das Menschenrecht auf Leben", meint Anwalt Prader. "Wenn die Staatsgewalt dabei versagt, muss sie auch die Verantwortung dafür übernehmen." Eine Amtshaftungsklage gegen die Republik läuft.


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