Für mich ist es wenig verwunderlich, dass Geheimdienste auf diese Weise arbeiten. Trotz dieses Vorfalls werden weiterhin sogenannte Geheimdienst-Erkenntnisse als Rechtfertigungsversuche für Kriegshandlungen herhalten müssen.

In der gesamten Debatte ist mir bisher noch nicht aufgefallen, dass die Amerikaner ehrlich sagen würden, dass sie nach dem Verbleib jener Massenvernichtungswaffen suchen, die sie selber geliefert oder für die sie das Know-how zur Verfügung gestellt haben, als der irakische Diktator noch der Gute, und das Regime in Teheran die Bösen waren. Die hochlöblichen Geheimdienste wissen offenbar nicht, ob die Waffen eingesetzt und verbraucht worden sind, etwa in einem Bürgerkrieg gegen die Kurden im Land, oder ob die Waffen versteckt sind und bereitgehalten werden zur Unterstützung der Palästinenser gegen Isreal. Aber wer kann denn behaupten, dass die Waffen noch im Lande sind und nicht -trotz oder gerade wegen der Embargo-Politik - nicht schon längst außer Landes gebracht worden sind.

Bedenklich ist auch, dass wir alle so relativ spät begriffen haben, dass die Irak-Frage die zentrale außenpolitische Frage der Bush-Regierung sein würde. Hätten wir derartiges nicht schon annehmen können und müssen, als er den - von seiner Vita nicht unbekannten - Powell zum Außenminister bestimmte? Geht es hier psychologisch nicht darum, das vom Vater begonnene und nicht vollendete Werk zu Ende zu bringen und damit das ausgeprägte Minderwertigkeitsgefühl dieses Präsidenten zu heilen?

Hätten nicht die Amerikaner - wenn sie in "Politischer Bildung" ein klein wenig besser abschneiden würden - schon im Wahlkampf erkennen können, ja erkennen müssen, wohin Bushs Weg führen wird? Aber war es nicht auch eine Verblendung "linker" Wähler, als in Amerika eine von der Rechten unterstützte Ver-Naderung der Politik Clinton / Al Gore einsetzte, und dieses schmutzige Lobbying, das m.E. Watergate durchaus gleichwertig ist, wurde bis heute nicht aufgedeckt oder daran auch nur von der "freien Presse" gerührt. Inzwischen ist auch hinreichend bekannt, dass Geheimdienste die letzten Wahlen in Frankreich regelrecht gesteuert haben, sie können schon auch wirkungsvoll arbeiten und sind nicht nur eine Gruppe von Versagern und gedankenlosen Abschreibern. Aber es ist an der Zeit, dass wir verlangen, dass die Öffentlichkeit erfährt, wer den Diensten welche Aufträge erteilt. Es gehört eine internationale Debatte angezettelt, wer über Geheimdienstmaterial zu welchem Zweck verfügen darf.

Haben wir jetzt aktuell nicht damit ein Problem, dass in Europa zwei Standpunkte aufeinanderprallen. Die Einen anerkennen die monopolare Welt unter der Führungsmacht USA, die Anderen bestehen darauf, dass grundlegende Entscheidungen nur gemeinsam von der Weltgemeinschaft, etwa vom Sicherheitsrat, getroffen werden können.

Es zeigt sich, dass die USA mit einem Krieg zwar in der Lage sein werden die Region zu destabilisieren, aber für die Zeit danach bedarf es viel mehr als selbst den USA an Ressourcen zur Verfügung steht. Auch über die Politik Titos in Jugoslawien gab es geteilte Meinungen, und es gab in Österreich zahllose "Vorbereitungen" für den Tag danach. Diese Dossiers, obwohl zumindest scheinbar ernsthaft vorbereitet und gründlicher erarbeitet als das zitierte Machwerk des britischen Dienstes, waren letztendlich auch nicht viel wert.

Erschreckend ist, mit welcher Rhetorik ("game over") jetzt der Krieg vorbereitet wird, aber gleichzeitig nicht einmal ansatzweise an einen Frieden durch Kriegsverhinderung nachgedacht wird. In eine multizentrale Weltgemeinschaft könnten auch wir uns optimal einbringen. Wir können stolz darauf sein, dass wir in Wien die UNO-City und das Konferenzzentrum haben, und damit können wir ein Angebot zum Dialog leisten. Und Österreich hat die wertvollen Erfahrungen eines Wolfgang Petritsch, die gewiss in naher Zukunft unverzichtbar sein werden.
G.W.


----- Ursprüngliche Nachricht -----
From: Eckehard Quin
To: Lehrerforum
Sent: Saturday, February 08, 2003 9:20 AM
Subject: LF: britische "Geheimdienstinformation" zum Irak


Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich zitiere von http://www.orf.at/030207-59527/index.html

Mit kollegialen Grüßen

Eckehard Quin




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