SPIEGEL ONLINE - 23. Februar 2003, 9:44
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Mogelei an der Uni
Welche Strafe steht auf Abschreiben?
Von Katrin Gröschel
Das Thema Plagiate entzweit Dozenten und Studenten. Massiven Ärger gibt es jetzt an der TU Darmstadt, weil eine Politikprofessorin Abschreiber in die Schranken weist. Studentenvertreter sprechen von "Selbstjustiz" und "Willkür" - und reichten eine Dienstaufsichtsbeschwerde ein.
Der AStA der Technischen Universität Darmstadt geht auf die Barrikaden. Nach den Äußerungen der Darmstädter Politikprofessorin Heidrun Abromeit bei UNISPIEGEL ONLINE, sie wolle ertappte Schummler nicht mehr in ihren Seminaren sehen, kochen die Emotionen hoch.
Der AStA hat nun beim Präsidium der Universität eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Abromeit eingereicht. Der Sachverhalt soll von Präsident Johann-Dietrich Wörner geprüft werden. "Wir müssen diese Professorenwillkür umgehend stoppen. Es darf nicht sein, dass eine Politikprofessorin sich in dieser Weise profiliert", sagt Bianca Hildenbrand, Referentin für Kultur und Hochschulpolitik.
"Ich sage allen, die ich erwischt habe, dass ich sie sie nicht mehr in meinen Seminaren sehen will", hatte Abromeit wörtlich gegenüber UniSPIEGEL ONLINE erklärt, "ich kann ihnen das Studium erschweren, sonst aber auch nichts." Der AStA wertet das als "Akt von Selbstjustiz" und wirft der Politikprofessorin und ihren Kollegen vor, sie würden nur mit Druck arbeiten und gar nicht erst versuchen, konstruktive Lösungen für das Plagiat-Problem zu finden. Heidrun Abromeit habe schon länger versucht, Täuschungsversuch zu sanktionieren. Jetzt nutze sie andere Methoden.
Die Professorin wartet gelassen ab
"Das Politik-Institut in Darmstadt ist so winzig. Wenn ein Student die Vorlesungen eines Dozenten nicht mehr besuchen kann, kann er eigentlich gleich die Uni wechseln", so Florian Gernhardt vom AStA. Abromeit sei mit ihren Äußerungen über das Ziel hinausgeschossen. Für Täuschungen gebe es eine klare Regelung: Die Studierenden erhielten keinen Leistungsnachweis, seien also durchgefallen.
Politikprofessorin Abromeit dagegen will abwarten, was nun passiert: "Ich werde erst einmal gar nicht reagieren." Das Institut für Politikwissenschaften stehe hinter der Forderung, Hausarbeiten stärker unter die Lupe zu nehmen. Und auch die Studenten seien dafür, da die meisten ja ehrliche Arbeit leisteten.
Das Verfahren liegt nun in den Händen des Uni-Präsident Wörner. Er will prüfen, inwieweit der Sachverhalt zutrifft und ob Abromeits Äußerungen wirklich zu weit gehen. Für Plagiate gibt es in Darmstadt laut Wörner allerdings Richtlinien. Genutzte Quellen nicht zu kennzeichnen falle hier unter die Kategorie "Fehlverhalten bei wissenschaftlichen Arbeiten". Auch könnten Professoren von den Studenten schon eine Erklärung verlangen, dass eine Hausarbeit selbst verfasst worden sei. Das sei in der Prüfungsordnung festgelegt. "Das habe ich Heidrun Abromeit auch mitgeteilt. Nur eidesstattliche Erklärungen dürfen nicht verlangt werden", so Wörner.
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