DER STANDARD
Montag, 3. März 2003, Seite 8
Gehörlose darf nicht Sonderschullehrerin werden
Gehörlose darf nicht Sonderschullehrerin werden Eine gehörlose Linzerin will Sonderschullehrerin werden. Das Bildungsministerium ist dagegen. Denn die "körperliche Eignung" ist Voraussetzung für den Lehrberuf, heißt es dort.
Sonja Frank
Linz - Eine 22-jährige gehörlose Linzerin möchte eine Ausbildung zur Sonderschullehrerin absolvieren. Doch das Ministerium lehnt dies mit Hinweis auf die gesetzlichen Bestimmungen, in denen eine körperliche Eignung Voraussetzung für eine Abschluss an einer Pädagogischen Akademie
(PädAk) ist, ab. Und dies, obwohl die junge Frau ihr Wissen an gehörlose Kinder weitergeben möchte. "Es geht mir nicht darum, eine Symbolfigur zu sein. Ich möchte einfach das Gleiche erreichen können, wie jemand, der hört", erklärt die junge Frau. Zurzeit ist sie außerordentliche Studentin an der PädAk. Sie will um ihr Recht auf ein ordentliches Studium kämpfen. Ihr Ziel ist vor allem, dass die Kinder die Gebärdensprache perfekt beherrschen. Die Lautsprache sei für gehörlose Menschen wie eine Fremdsprache. "Es gibt sehr wenige Lehrer, die mit gehörlosen Eltern und Kindern in Gebärdensprache kommunizieren können", kritisiert die Studentin. "Wir sind als Ministerium verpflichtet, auf die Einhaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen zu achten", erklärt Heinz Gruber, Sektionschef im Unterrichtsministerium. Es gebe eben den Passus der körperlichen Eignung im Gesetz. "Es gibt ein allgemeines Lehramt für
Volks- und Sonderschullehrer und keines für Gebärdensprachlehrer." Im Richtungsstreit, ob man die Laut- oder die Gebärdensprache im Unterricht forcieren soll, habe sich Österreich für die Lautsprache entschieden. "Die Studentin ist durch diese Entscheidung bei der Berufsausübung sehr eingeschränkt. Sie kann von der Schulbehörde nur als Zweitlehrerin angestellt werden", kritisiert dagegen Josef Fragner, Direktor der Bundes-PädAk in Linz. Fragner fordert Integration auch auf Lehrerebene ein. "So untersagte das Ministerium beispielsweise einer Religionslehrerin, die nach einem Unfall im Rollstuhl saß, eine Ausbildung an der PädAk zur Sonderschullehrerin", so Fragner. Die "körperliche Eignung" erweist sich auch in anderen Staatsberufen als Stolperstein. Eine sehbehinderte Kärntner Juristin konnte im vergangenen Jahr in Graz nicht Richterin werden. Die Begründung: Es sei unmöglich "ein Urteil über eine Person oder einen Sachverhalt zu fällen, ohne sich ein persönliches Bild davon zu machen".
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