Habe mir erlaubt, die Gedanken unseres Bundeskanzlers in Form einer Stellungnahme der Steuerinitiative zusammenzustellen. Hier das Ergebnis (in schöner Form downloadbar unter www.steuerini.at).
Gerhard Kohlmaier
Zukunft – Nachhaltigkeit - Gerechtigkeit
sind laut Bundeskanzler Schüssel die Leitmotive seiner neuen Regierung (Standard, 1.3.03).
Schauen wir uns an, wie sich dieser Anspruch mit den Absichten von Herrn Dr. Schüssel verträgt. In Zukunft sollen die ArbeitnehmerInnen später in Pension gehen und weniger bekommen. „Vor allem Beamte sollen weniger Rente“ (Die Presse, 1.3.03) erhalten. Längere Durchrechnungszeiten, ein geringerer Steigerungsbetrag und höhere Abschläge (bei früherem Rentenantritt) sollen dem Staat insgesamt eine Milliarde bis 2006 bringen. Bereits pensionierte Beamte dürfen jedoch um 1% mehr zur Sicherung der Pensionen abführen. In Zukunft können die Krankenkassen einen gestaffelten Selbstbehalt einheben und einen Extrabeitrag für Freizeitunfälle (Die Presse, 1.3.03). Die Krankenver-sicherungsbeiträge der PensionistInnen sollen langfristig auf 4,75% steigen. Mit diesen Verschlechterungen, einem einheitlichen Beitragssatz von 7,4% für Arbeiter und Angestellte sowie Einsparungen bei Medikamenten, will die neue Regierung die Zahlungen für das Gesundheitswesen um eine Milliarde Euro senken. In Zukunft dürfen wir wenigstens die Abfangjäger haben, weil man sich sonst doch so wenig gönnt! In Zukunft soll die Mineralölsteuer erhöht werden. Auch Heizöl, Gas und Kohle sollen höher besteuert werden. Mit diesen Erhöhungen bezahlen wir selbst die erste Etappe einer Steuerreform für 2004.
In Zukunft sollen 30 000 Bundes- und Landesbedienstete eingespart werden. Die eingesparten Löhne und Gehälter sollen einen Betrag von 1,3 Milliarden Euro bringen. Diese 30 000 eingesparten Posten bedeuten Tausende Stellensuchende mehr. Da müssen sich die 232 000 Arbeitslosen rechtzeitig anstrengen, um die 23 000 offenen Stellen zu besetzen (Durchschnittszahlen von 2002). In Zukunft heißt die Devise „Abverkauf total im Kabinett Schüssel II“ (Die Presse, 1.3.03). Telekom Austria, Böhler-Uddeholm, VA-Technologie, VÖST Alpine, Postbus und Bergbauholding werden feilgeboten. Um die Post für einen strate-gischen Partner herauszuputzen, wurden die Tarife bereits bis zu 30% angehoben. Die nächsten Erhöhungen besorgt dann schon der neue Mehrheitsaktionär.
In Zukunft sollen auch die Weichen für die Privatisierung der Bahn gestellt werden. In Zukunft kann aber auch Bewährtes bestehen bleiben. Die Studiengebühren bleiben uns erhalten.
In Summe gesehen werden all diese Absichten wahrlich einen nachhaltigen Effekt haben. Sie bringen nämlich den Sozialstaat nachhaltig in Schwierigkeiten. Schon bisher haben die neoliberalen Politiker die Umverteilung von unten nach oben eifrig betrieben.
Die nachhaltigen Konsequenzen sind:
Eine Million Menschen in Österreich sind armutsgefährdet
Der Lohnanteil am gesamten Volkseinkommen geht zurück. Aber „Österreichs Reiche werden immer reicher“ (Kurier, 12.2.03)
Die obersten 20% der Haushalte verfügen über 50% der Vermögenseinkommen und über zwei Drittel der Ersparnisse (Kurier, 12.2.03)
Bei der Entlohnung der Frauen im Vergleich zu den Männern hat Österreich mittlerweile den letzten Platz in der EU erreicht (Differenz im EU-Durchschnitt 20%, in Österreich 28%). In den letzten Jahrzehnten stiegen die Gewinne schneller als die Löhne. Im letzten Jahr hatte Österreich in der gesamten EU die geringsten Lohnsteigerungen.
Ist es in einer solchen Situation gerecht, wenn die neue Regierung die Körper-schaftssteuer für Kapitalgesellschaften von 34% auf 31% senken will? Ist es unter den derzeitigen Gegebenheiten gerecht, wenn in den letzten 10 Jahren die Besteuerung des Faktors Arbeit um 10% stieg, jene des Faktors Kapital um 8% sank? Ist es angesichts der Reichtumsverteilung gerecht, wenn in Österreich Gewinne und Vermögen nur 10% zu den Staatsfinanzen beitragen, Löhne und Gehälter hingegen 60%?
Und ist es gerecht, wenn der Anteil der Unselbständigen an der Finanzierung des Staatshaushaltes tendenziell weiter wächst?
Gerecht und notwendig ist in Österreich eine Änderung des Steuersystems. Es muss für alle Menschen anteilsmäßig die Steuerpflicht gleich hoch werden, auch wenn sie Besitzende, Vermögende oder Aktionäre sind!
Die Partei des Herrn Dr. Schüssel hat bei der letzten Wahl die meisten Stimmen erhalten, weil sie den WählerInnen am erfolgreichsten klar gemacht hat, dass der Staatshaushalt saniert werden muss. Sie hat dabei mit Erfolg verschwiegen, dass der Grund für die knappen Finanzmittel in der einseitigen Bevorzugung von Besitz, Einkommen, Vermögen und Gewinnen liegt.
Gerecht wäre es, volkswirtschaftlich gesehen, in Zukunft nachhaltig die Steuern und Abgaben dort zu erhöhen, wo das meiste Geld, der höchste Reichtum vorhanden ist. Der Sozialstaat braucht eine Umverteilung von oben nach unten, oder es wird ihn bald nicht mehr geben. Unter Berücksichtigung der volkswirtschaftlichen Verteilung des erwirtschafteten Reichtums und der hohen Arbeitslosigkeit ist in Zukunft insbesondere die Einführung der Wertschöpfungsabgabe von entscheidender Bedeutung. Sie wird den tatsächlichen Gewinn der Unternehmen besser erfassen, weil sie die gesamte Wertschöpfung (Lohn- und Gehaltssumme, Abschreibungen, Gewinne, Fremdkapitalverzinsung., Mieten, Pachten und Steuern) berücksichtigt. Auf diese Weise wird die Arbeit steuerlich entlastet und die Schaffung von Arbeitsplätzen begünstigt, indem der Faktor Kapital stärker besteuert wird. Die Masse der Klein- und Mittelbetriebe, die auch die meisten Arbeitsplätze schaffen, wird so begünstigt. Entweder die Politiker sorgen endlich für diese Änderung im Steuersystem oder die BürgerInnen müssen sie durch eine Volksabstimmung dazu zwingen.
www.steuerini.at
F.d.I.v.: Steuerinitiative im ÖGB, Hans und Gerhard Kohlmaier, Doeltergasse 5/4/7, 1220 Wien, gerkohl@yahoo.com, 03/2003
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