Sehr geehrter Herr Kollege Wittek!
Das ist doch nichts anderes als ein primitiver Kulturkampf, der nicht nur die Genese des österreichischen Religionsunterricht und die gemeinsame Entwicklung innerhalb der gesellschaft negiert, sondern der auch bar von jedem sozialen Element, geschweige denn einer Lösungskompetenz ist.
1) Das Kondkordat ist ein bilateraler Vertrag zwischen dem heiligen Stuhl und der Republik Österreich. Es genießt Verfassungsrang und kann nicht so einfach aufgelöst werden, wie das beispielsweise ein totalitärer Staat wie Nazi-Deutschland machte.
2) Religionslehrer sind auch Kollegen und Lehrerinnen und Lehrer, die auch ein schützenswertes Interesse haben. Wenn hier gegen die Religion in der Schule (Stichwort Bezahlung des Staates dafür) geworben wird, dann sendet man eine klare Botschaft der Entsoilidarisierung, indem man einfach manchen Kollegen
sagt: "Wir brauchen euch nicht mehr, wir schieben euch aus dem öffentlichen Dienst ab." Ist das die Botschaft der sozialdemokratischen Lehrer gegenüber einer ganzen Fächergruppe? Weit haben es die Sozis gebracht, wenn das mehrere in der Partei tragen! Dann wird es nicht mehr lange dauern und man zieht einfach gegen andere Fächer oder Gruppen zu Felde.
3) Stichwort Entsolidarisierung: Um eine solche geht es einfach, wenn hier die Sozialdemokratischen Lehrer einen Kulturkampf aufziehen. Das ist ein priomitiver Rückfall in Zeiten, da sich so manche in Freidenkertum und vulgäre auflärerische Gedanken der ersten Stunde verrannten, um sich zu profilieren. In der zweiten Republik hat man - so glaubte ich bisher - das überwunden. Aber Herr Wittek belehrt mich eines Besseren.
4) Aufgaben des Staates: Es ist ja nicht so, als ob der Staat nichts vom RU hätte. Ganz im Gegenteil: Immerhin leistet der RU gute inhaltliche Arbeit und macht genau das, wo es im österreichischen Schulsystem ohnehin ein Loch gibt, nämlich die Thematisierung ethischer Fragestellungen und die Behandlung des "Wahren, Guten und Schönen". Alle hehren Zielsetzungen der österreichischen Schule sind zwar großartig, aber im Behandeln dieser Thematiken schwindelt man sich ein bisschen an dem vorbei, was Verpflichtung wäre. Hier hat der RU eine wesentliche Aufgabe innerhalb des österreichischen Schulsystems übernommen. Noch einmal, Herr Kollege: Ich empfinde Ihre und die Polemiken des Herrn Dumser nicht nur als unausgoren, sondern in höchstem Maße geprägt von einem Uralt-Geist, den man schon überwunden zu haben glaubte und der durch solche entsolidarisierenden Bemerkungen wieder fröhliche Urständ feiert. Karl Digruber
>
> Geltende Verträge müssen eben auch einer Überprüfung standhalten. Wenn
> sich die ÖVP angesichts des Sparens, und um nichts anderes geht es in
> Wahrheit, selbst beim Bundesheer vernünftigerweise Einschnitte
> vorstellen kann, dann sollte es in Wahrheit doch möglich sein, dass
> der Religionsunterricht auch aus dem Topf bezahlt wird, der dafür
> geschaffen worden ist, nämlich aus der Kirchensteuer, und an einem
> andern Ort stattfindet als in der öffentl. Schule! (zumal dieser Unt.
> auch von der Schulaufsicht ausgenommen ist) Wenn die Kirchensteuer
> schon abschreibfähig ist, dann darf ein Budgetposten dem Staat doch
> nicht doppelt in Rechnung gestellt werden. Das ist ein Gebot der
> Gerechtigkeit und Fairness gegenüber der Allgemeinheit. - In viel
> katholischeren Ländern als Österreich, beispw. in Polen, dem
> Herkunftsland des Ober- hirten, gibt es keine Kirchensteuer und
> trotzdem funktioniert das System. Und es ist freier von
> Abhängigkeiten! Es ist bei uns - erkennbar im niederösterr. Wahlkampf
> - unerträglich, dass sich kath. Kirche und Religionslehrer wie eine
> Vorfeld- organisation der VP aufführen! Daher irrt Herr Witzmann, dass
> Österreich ein Kulturkampf erspart bleibt - er findet eben wieder
> statt.
> G.W.
>
>
> ----- Ursprüngliche Nachricht -----
> From: Erich Wallner
> To: 'Lehrerforum'
> Subject: LF: 2 Wochenstunden weniger ab Herbst
>
> Das fliehende Klassenzimmer
> VON ERICH WITZMANN
>
> Sozialdemokratische Lehrervertreter wollen das Problem gar mit der
> Streichung von Religion aus dem Pflichtfächerkanon erreichen, was
> allerdings nach dem geltenden Konkordat nicht möglich ist - und auch
> keine Zustimmung der Volkspartei finden würde. Ein Kulturkampf dieser
> Art bleibt Österreich erspart.
>
>
>
>
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