Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, s.g. Herr Kollege Wittek!
1) Woher stammen die Vorbilder für diese Anschuldigungen an den Religionsunterricht und dieses doch relativ einfache Bilde des Religionslehrers? Ich weiß nur, dass gerade der RU ein sehr moderner Unterricht ist, denn zuallermeist sind es die Religionslehrerinnen und Religionslehrer, die auf die Kinder eingehen müssen, um nicht abzustürzen. Denn mit Druck geht in diesem Fach nichts. Ich weiß auch nicht, woher diese Sicht der Abhängigkeit zur Kirche stammt. Aus eigener Erfahrung wohl nicht. Denn beispielsweise in Tirol sind der Religionsinspektor und die kirchliche Schulbehehörde kein Disziplinierungsinstrument, sondern Berater der Lehrerinnen und Lehrer. Auch das Denken, dass der Katholizismus nur mehr seine Heimstätte in der ÖVP hat, ist schlichtweg veraltet. Gerade die Begegnung zwischen der Sozialdemokratie unter Kreisky und der Kirche unter König hat dieses Bild endgültig aufgebrochen. Die Kirche ist spätestens nach dem zweiten Weltkrieg bzw. nach der Mariazeller Erklärung in keiner Weise parteipolitisch. Natürlich wird es in der Kirche (siehe Ihr Beispiel) als auch in der Sozialdemokratie noch schwarze Schafe und Fanatiker geben, aber die sind doch eher skurril, als dass sie relevant sind.
2) Was sich mir aufgedrängt hat, ist die schöne Art, wie hier ein Sozialdemokrat, der von Solidarität redet, sofort die Religionslehrer in die Ausgrenzung schicken würde. Als Bauernopfer sozusagen. Motto: "Nehmen wir die Sache der Frau BM auf und entsorgen die Religionslehrer, damit wir wieder Ruhe haben und uns nichts passiert." Mir hat sich der Vergleich mit GATS aufgedrängt. Da wird einerseits von uns Gewerkschaftern überall mit Recht gegen eine Privatisierung der Bildung gewettert, da wird dagegen gekämpft, dass Bildung privat ist. Andererseits entsorgte man am liebsten eine ganze Berufsgruppe und fordert, dass sich die Kirche (Private) drum kümmern, um das Geschäft der
Persönlichkeits- und Wertebildung zu übernehmen. "Mehr privat, weniger Staat, fürwahr!" Was kommt als nächstes? Dass die Geographiestunden von der Wirtschaftskammer übernommen werden und der Geschichteunterricht von der AK und den Gewerkschaften? Vielleicht könnte man auch die politische Bildung auslagern und sie jedes Jahr einer anderen Partei zur "Förderung" übergeben? Englisch sollten sich dann vielleicht gleich die Amerikaner unter den Nagel reißen und die IV könnte ja bestimmte Fächer fördern, wenn es gerade einen Engpass in irgendeinem Sektor gäbe. Die Solidarität bleibt aber auf der Strecke! Ich hoffe, dass Sie solche in Horroszenario auch nicht wollen, deshalb wehret den Anfängen der Entsolidarisierung. MfG Karl Digruber
> Das haben Sie völlig missverstanden, Koll. Digruber! Die
> Religionslehrer sind in einer beschissenen aber "freiwilligen"
> Abhängigkeit gegenüber der Kirche.
> Und sie werden von ihrem Arbeitgeber missbraucht, etwas anderes zu tun,
> als das, was ihre Aufgabe ist. Nichts einzuwenden, wenn sie SchülerInnen
> Religion, Moral und Ethik vermitteln. Aber ein striktes Nein, wenn sie
> sich
> wie Parteisekretäre der ÖVP benehmen und für diese unverhohlen und
> ungeniert Werbung betreiben, von der Kanzel Politik zu machen versuchen.
> Oder im Unterricht in der Volksschule Kindern sagen (das haben Eltern
> in einer SPÖ-Jahresversammlung in NÖ erzählt!), Gott habe sie nur dann
> lieb, wenn sie ihre Eltern überzeugen VP zu wählen. - Finden Sie das in
> Ordnung?? Wer das zulässt, dass mit religiösen Gefühlen von Schülern
> derart übel gespielt wird, der macht sich schuldig. Dafür darf kein Platz
> sein an öffentlichen Schulen! Können Sie diesen Missbrauch abstellen?
> Wo bleibt denn die Gewerkschaft, die Religionslehrer vor solch
> unmoralischen
> Aufforderungen zur Parteinahme schützt? Religionslehrer sind in ein Netz
> sozialer Kontrolle verstrickt, weil was sie tun, wird öffentlich
> mitgehört,
> sie haben Erwartungen zu erfüllen. Ich vermute, dass sich viele
> Religionslehrer im Stich gelassen fühlen von der GÖD, weil ihr Einfluss
> nicht ausreicht, um innerkirchliche Weisungen oder Empfehlungen oder
> Hirtenbriefe ... - was auch immer, was solches Verhalten auslöst, zu
> unterbinden.
> Und ganz rein und kirchenfreundlich argumentiert: in Polen ist die Kirche
> viel stärker und angesehener, weil sie sich nicht für Parteizwecke
> instrumentalisieren lässt. Dank kommunistischer Vergangenheit!
> G.W.
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