DER STANDARD
Dienstag, 11. März 2003, Seite 6
"Selektionsfach" Mathe
SP-Bildungssprecher fordert Schulreform
Martina Salomon
Wien - Mathematik sollte von der Funktion eines schulischen "Selektionsinstruments" befreit werden und in der AHS-Oberstufe abgewählt werden können. Das schlägt der neue SPÖ-Bildungssprecher (und bisherige Wissenschaftssprecher) Erwin Niederwieser vor: "Eine Gleichung mit drei Unbekannten sollen nur mehr die machen, die sich mit Mathematik vertiefend beschäftigen wollen. Für alle anderen ist das, was bis zur sechsten Klasse gelehrt wird, ausreichend." Niederwieser tritt im STANDARD-Gespräch für ein Kurssystem in der Oberstufe ein. In der siebten und achten Klasse solle man sich auf jene Fächer konzentrieren dürfen, für die man begabt sei. "Die Grundidee wäre, dass man nicht die Schwächen des Schülers als Maßstab des Ausscheidens herannimmt, sondern seine Stärken fördert." Außerdem sollten die einzelnen Unterrichtsgegenstände zu "Flächenfächer" zusammengeführt werden. Im Schulwesen dominiere aber das organisatorisch einfacher zu Bewältigende vor dem pädagogisch Sinnvollen. Und die vom Bildungsressort geplanten Stundenreduktionen? Das sei eine reine Sparmaßnahme, sagt Niederwieser. Allerdings räumt er ein, dass das heimische Schulwesen sowohl bei den Unterrichtsstunden als auch beim Lehrer-Schüler-Verhältnis "üppig ausgestattet" sei. Karl-Heinz Grasser sei offensichtlich der erste Finanzminister, der das nicht mehr akzeptieren wolle. Dem STANDARD gegenüber kündigen Lehrergewerkschafter bereits an, gegen den Plan "Zeichen setzen" zu wollen. Die von Ministerin Elisabeth Gehrer angekündigten Stundenkürzungen sollten ursprünglich an die Direktoren (im Rahmen der Schulautonomie) delegiert werden und müssen bereits in den kommenden Wochen entschieden werden. Doch die Lehrer wollen diese Entscheidung in den Schulgemeinschaftsausschüssen boykottieren und damit die Ministerin zwingen, die Kürzungen zentral vorzugeben. Die Unabhängige Bildungsgewerkschaft sieht bis zu 7000 Lehrerstellen gefährdet. Schülervertreter aller Parteien begrüßen hingegen die Stundenstreichungen.
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