DER STANDARD
Freitag, 14. März 2003, Seite 6
Sogar Volksschüler erhalten Nachhilfe
Institutschef kritisiert Notenlotto
Martina Salomon
Wien - Immer mehr Kinder in Österreich erhalten Nachhilfe. Von diesem Boom profitieren einschlägige Lernhilfezentren, die in den letzten Jahren reichlich aus dem Boden gesprossen sind. DER STANDARD sprach darüber mit Michael Cerny, der in Wien zwei Institute (team-plus) betreibt. Über mangelndes Geschäft kann er sich trotz zunehmender Konkurrenz nicht beklagen. Hauptsächlich AHS-Schüler sind seine Kunden, "es kommen aber auch immer mehr Volksschüler", so seine Beobachtung. Eine Studie am Wiener Institut für Psychologie, wonach Englisch der Spitzenreiter bei Nachhilfestunden ist, kann er nicht bestätigen: Bei ihm ist es Mathematik, erst dann kommt Englisch, gefolgt von Französisch. Latein habe stark an Bedeutung verloren. BHS-Schüler kämpfen meist mit Fächern wie Rechnungswesen. Viele Schüler müssten erst "Lernen lernen", sagt der Institutschef. Problematisch sei die dichte Freizeitgestaltung (Sport, Musik . . .) der Jugendlichen, da bleibe für Lernen oft zu wenig Zeit. Umgekehrt hat er jedoch auch das Gefühl, dass die Notengebung immer weniger vergleichbar
ist: "Zu uns kommen Kinder einer Klasse, wo man in Mathematik nur mit Mühe einen Vierer erreicht, der woanders wahrscheinlich ein Einser wäre." Der Leistungsdruck habe zugenommen. Ein weiteres Problem sei die gesunkene Qualität der Hauptschulen: Eltern versuchten daher, ihre Kinder mit allen Mitteln in die AHS zu drängen. Die Arbeiterkammer untersucht jährlich die Ausgaben für Nachhilfe: Die Durchschnittskosten einer von Privaten gehaltenen Stunde (berechnet für die 6. Klasse AHS) beträgt 17,38 Euro. In Lern- instituten liegt der Durchschnittswert für eine Einzelstunde bei 25,81 Euro, in Kleingruppen bei 12,15 Euro. Die SPÖ verlangt zur Eindämmung der Nachhilfestunden kostenlose Förderkurse an den Schulen, niedrigere Klassenschülerhöchstzahl sowie mehr Ganztagsschulen und Nachmittagsbetreuung. Die ÖVP sieht sich in ihrer Haltung bestätigt, wonach eine Verringerung der Unterrichtsstunden sinnvoll ist. Wiens VP-Bildungssprecher Walter Strobl fordert überdies eine Prüfung der "methodisch-didaktischen Grundkonzeptionen der Lehrtätigkeit".
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